Studie Fertiggerichte

Fertiggerichte – wann und für wen sind sie das Richtige?

Welches Image haben Fertiggerichte und ihre Nutzer, in welchen Situationen greifen Konsumenten typischerweise zur schnellen Alternative, welche Gründe haben sie dafür, welche Erwartungen haben sie an diese Produkte beim Verzehr und was erleichtert ihnen die Kaufentscheidung? Im Rahmen einer groß angelegte Umfrage und intensiven Fokusgruppen-Diskussionen untersuchte dies die schwedische Forscherin Mia Prim am Institute for Food and Biotechnology (SIK) – dem schwedischen Mitglied des European Sensory Network.

Mit einem hohen Anteil an Singlehaushalten und an berufstätigen Frauen sowie der traditionell stark ausgeprägten Vorliebe der Schweden für ein warmes Mittagessen, ist der nördliche Nachbar ein Land mit einem hohen Absatzpotenzial für Fertiggerichte.

Die Ergebnisse von Mia Prims Befragung in 249 Haushalten zeigen, dass es um das Image von Fertiggerichten trotzdem nicht besonders gut bestellt ist. Die meisten Verbraucher stellen sich den typischer Nutzer von Fertiggerichten als eine Person vor, die allein und gestresst ist. Und tatsächlich passt dieses Bild tatsächlich oft zur aktuellen Situation, in der Menschen Fertiggerichte verzehren, aber nicht immer.

Am häufigsten kommen Fertiggerichte in Schweden mittags am Arbeitsplatz oder abends zu Hause auf den Tisch. Allerdings variiert der soziale Kontext in diesen Situationen und hat unterschiedlichen Einfluss auf die jeweiligen Aktivitäten. So werden Fertiggerichte am Arbeitsplatz häufig in Gesellschaft mit Kollegen verzehrt und während des Essens unterhält man sich miteinander. Beim Abendessen zu Hause ist der typische Konsument dagegen in der Regel meist allein und schaut nebenbei fern als Ersatz für den fehlenden zwischenmenschlichen Kontakt. Für sich selber zu kochen gilt als wenig Freude bringend, ebenso wie alleine zu essen. Eine Ausnahme bilden Menschen, die sonst meist in Gesellschaft essen, nur selten alleine sind und dann die Freiheit genießen, nun einmal eine Mahlzeit ganz nach dem eigenen Geschmack zu verzehren.

Die Verbraucher greifen aus unterschiedlichen Gründen zu Fertiggerichten: Als Mittagessen am Arbeitsplatz die schnelle Küche zum Einsatz, um Zeit zu sparen. Beim Abendessen zu Hause schätzen die Verbraucher vor allem, dass sie praktisch sind und ihre Zubereitung wenig Umstände macht. Einen Unterschied macht es auch, ob Fertiggerichte von Frauen oder Männern verzehrt werden. Frauen haben dabei meist deutlich höhere Ansprüche als Männer, vor allem mit Blick auf gesundheitliche Aspekte.

So legen sie etwa mehr Wert auf die Auszeichnung von Nährwertinformationen, niedrigen Fettanteil und hohen Gehalt an Ballaststoffen. Frauen vertrauen gerne einem von der schwedischen staatlichen Lebensmittelbehörde zertifizierten Siegel, mit dem vergleichsweise zucker- oder fettarme, bzw. vitaminreiche Produkte gekennzeichnet werden. Für Männer ist dagegen der Geschmack und die einfache Zubereitung am wichtigsten.

Grundsätzlich gelten Fertiggerichte in den Augen schwedischer Konsumenten bisher noch als wenig geeignet für das häusliche Abendessen. Mit Hilfe von Fokusgruppen ging Prim deshalb speziell der Frage nach, unter welchen Bedingungen sich Verbraucher auch am Abend für ein Fertiggerichte entscheiden würden, und auf welche Weise dieses Produkte optimal auf ihre Bedürfnissen ausgerichtet werden können.

Als wichtigster Faktor für die Wahl des jeweiligen Gerichts erwies sich der soziale Kontext, in dem gegessen wird. Sobald Kinder zu diesem Kontext gehören, nimmt die Wahrscheinlichkeit, das Fertiggerichte auf den Tisch kommen, rapide ab. 60% der Befragten äußerten die Meinung, dass kleinen Kindern keine Fertiggerichte vorgesetzt werden sollten. Was Familien mit Kindern betrifft, hängen die Schweden noch stark an traditionellen Idealvorstellungen vom gemeinsamen Abendessen mit der ganzen Familie und ohne Fernseh-Begleitung. In Familien mit Kindern wird sehr viel mehr Zeit für das Kochen aufgewendet als in kinderlosen Haushalten. Vor allem die Mütter fühlen sich schuldig, wenn sie ihren Kindern kein „richtiges“ Essen anbieten, auch wenn sie das Kochen oft als lästige Pflicht empfinden.

Fertiggerichte, zu denen schwedische Konsumenten Abends ohne Schuldgefühle gerne greifen würden, wären ungewöhnliche, exotische Gerichte, an deren Zubereitung man sich selber nicht wagt und die neue Geschmackserlebnisse versprechen, so etwa Fleisch von Strauß, Lamm, Elch oder Rentier. „Die Konsumenten wünschen sich für abends etwas, auf das sie sich nach einem langen Arbeitstag freuen können“, sagt Mia Prim. Zugleich sind aber auch Fertiggerichte mit traditioneller Hausmannskost wie Fleischklöschen Verkaufsschlager. „Möglicherweise zeigt sich hier, dass die Konsumenten gerne abends etwas anderes essen würden als mittags. Und zur Zeit werden noch die meisten Fertiggerichte zu Mittag verzehrt“, erklärt die Forscherin diesen scheinbaren Widerspruch.

Prims Studie belegt, dass der Kontext, in dem Mahlzeiten eingenommen werden, den gesamten Entscheidungsprozess hinsichtlich der Auswahl eines Fertiggerichts beeinflusst. „Die Forschung muss sich deshalb ihre Perspektive über die eigentliche Mahlzeit hinaus erweitern und den gesamten Verlauf des Lebensmittelerwerbs künftig mit in Betracht ziehen“, fordert Prim. Gestellt werden sollten Fragen wie „Wann entscheidet sich der Konsument für den Kauf eines Fertiggerichtes? Wer trifft die Entscheidung? Wer kauft? Was geschieht im Supermarkt? Was auf dem Weg nach Hause bzw. zur Arbeit? Wer bereitet die Mahlzeit zu? Wie tut er das? Was gibt es sonst noch zu essen? Wer isst, wo und warum? Welche Gefühle hat der Verbraucher beim Verzehr der Mahlzeit? In welchen Behältnissen wird sie serviert? Wieviel Abfall entsteht?“

Quelle:
Mia Prim: Ready meals from the consumers perspective – attitudes, beliefs, contexts and appropriateness. Örebro Studies and Culinary Arts and Meal Science 6, 2007,
Annika Aström,
Swedish Institute for Food and Biotechnology

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