Burgund: die Abbaye de la Bussière

Eine verwitterte und mit Moos bewachsene Mauer umgibt das Anwesen. Beim Näherkommen öffnet sich das schmiedeeiserne Tor und macht den Weg frei in ein verwunschenes Paradies: Abbaye de la Bussière heißt das Hideaway, gut 35 Kilometer südwestlich von Dijon entfernt. Die Abbaye ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster, das sich in ein Luxushotel verwandelt hat und mittlerweile in die Riege der edlen, auf dem ganzen Globus verteilten Herbergen von „Relais et Chateaux“ aufgenommen wurde. Gelegen ist die Abtei aus dem zwölften Jahrhundert im Herzen des Burgund, in dem für seine Weine berühmten Département Côte-d’Or.

Doch nicht nur die berühmten Grand Crus von den Weinbergen rund um Beaune machen den Charme und die Einzigartigkeit dieser Region aus. Der Besucher kann hier ein historisches Erbe mit Monumenten von Weltruf entdecken, die über die ganze Region verstreut sind: pittoreske Dörfer, Klöster, Burgen, Schlösser, archäologische Stätten und abwechslungsreiche Landschaften. Ebenso ist Burgund ein Land für Genießer: Von Nord nach Süd reiht sich ein berühmtes Weinanbaugebiet ans nächste: Chablis, Pouilly-Fuissée, Gevrey-Chambertin, um nur eine Auswahl zu nennen. Ebenso ist die Bourgogne die Heimat des Kir, benannt nach dem Abgeordneten der Nationalversammlung und Bürgermeister von Dijon, der vor gut 100 Jahren zwei lokale Produkte miteinander mischte, nämlich die Crème de Cassis mit dem weißen Burgunder Aligoté.
Berühmt ist das Burgund auch für seine Senf-Kreationen aus Dijon und Beaune, das Charolais-Rind, die Oeufs en Mourette (pochierte Eier auf Toast in einer köstlichen, angedickten Rotweinsoße und Speck) und die Bressehühner. Ob in einem kleinen Landgasthof, bei einem Kochkurs oder in einem der zahlreichen sterndekorierten Restaurants können die Gäste die burgundischen Gaumenfreuden genießen.

Ein kleiner Kosmos, der die Pracht, den historischen Reichtum und den Genuss dieses Landstrichs auf einem wunderschönen Flecken Erden vereint, ist die Abbaye de la Bussière. Das Kloster liegt inmitten eines riesigen und artenreichen Parks. „Als ich die Abbaye das erste Mal sah, habe ich mich gleich in sie verliebt“, erzählt Clive Cummings. Per Zufall kamen er und seine Frau Tanith hier vorbei und erfuhren, dass das Anwesen mitsamt dem üppigen Garten zum Verkauf stand. Als Kloster wurde es schon damals nicht mehr genutzt. Der damalige Besitzer hatte bereits versucht, es in ein Hotel umzuwandeln, aber damit keinen durchschlagenden Erfolg. Clive Cummings aber hat seine Visionen, was er aus dem aus neun Gebäuden bestehenden Ensemble zaubern könnte. Immerhin war der 44-Jährige familiär „vorbelastet“. Seinem Vater Martin gehörte bis 2007 „Amberley Castle“ – ebenfalls ein Luxushotel aus dem erlauchten Kreis von „Relais et Chateaux“. Insofern bewegte sich Clive Cummings auf vertrautem Terrain, als er sich entschloss, 2005 die Abbaye de la Bussière zu kaufen und mit der ganzen Familie – inklusive vier Kinder im Alter von 19, 17, 13 und zehn Jahren – ins Burgund überzusiedeln. Mit Leidenschaft und Ehrgeiz geben sich Clive und Tanith seither ihrer Aufgabe hin, die Schönheit dieses Ortes zu wahren und in eine neue Zeit hinüber zu führen. Sie konservieren und entwickeln zugleich. Das ist nicht immer so leicht. Vor allem als Engländer, der zu Beginn seines Projekts nur rudimentär französisch sprach. Aber er bemüht sich redlich, lernt fleißig seine Vokabeln und die Grammatik und ruft durchaus stolz aus: „Ich bin immer noch hier.“

Schon nach sechs Monaten, in denen die Abbaye komplett geschlossen war, starteten die Cummings zunächst mit zehn Gästezimmern. Heute sind es insgesamt 18 Zimmer und Suiten, die sich auch in den mittelalterlichen ehemaligen Wirtschaftsgebäuden auf dem Areal befinden. Jedes einzelne Zimmer ist ein ganz individuell gestaltetes Refugium. Das Interieur ist stimmig ausgewählt: antike Möbel, aber auch solche mit modernen Akzenten, seidige Stoffe, ausladende Sofas und Fauteuils ergänzen sich. Vorbildlich haben die Cummings die Anlage restauriert. Nach außen ist die Architektur des Klosters eher zurückhaltend, doch im Innern ist es dafür umso spektakulärer. Fresken und opulente Steinmetzarbeiten finden sich im Haupthaus als auch in den Nebengebäuden. Diniert wird in einem kirchenähnlichen Saal. Passend zur Atmosphäre ist auch das anspruchsvolle Niveau des mit einem Michelin-Stern dekorierten Restaurants, dessen Küchenchef Emmanuel Hébrard ist. Auf der Speisekarte finden sich auch lokale Gerichte modern interpretiert. Viele Zutaten liefert der einstige Klostergarten: Beeren, Gemüse, Salate ernten hier die Köche.

Von der Terrasse des Cafés genießt der Besucher den Blick in den romantischen Park. Er ist ein Quell der Ruhe und Besinnung. Auf dem kleinen See können Gäste mit einem Boot rudern. Am Ufern stehen vereinzelt Liegen, die zum Ausruhen einladen. Von einem kleinen Bach, dessen Bett sich durch die Wiese zieht, vernimmt man ein munteres Gurgeln. Woanders hört man das Plätschern eines Wasserfalls in ein mit Moos überzogenes Bassin. Entlang der Wege laden Bänke zum Verweilen ein. Die Vögel zwitschern. Schmetterlinge flattern von einer Blüte zur nächsten. Ausladende Bäume und prächtig gedeihende Rosenstöcke vervollkommnen den Anblick. „Unsere Gäste sollen hier zu Ruhe kommen, entspannen und entschleunigen“, sagt der Hausherr. Die Einmaligkeit des Ortes hat bereits Andrew Harper überzeugt, der ihn zu einem „Hideaway of the Year 2008“ adelte.

Indes hat Clive Cummings sein Projekt noch nicht vollendet. In den noch ungenutzten Stall möchte er ein „Spa“ integrieren. Auch Kochkurse und Weinevents stehen auf seiner Agenda. So wunderschön sich die Abbaye de la Bussière entwickelt hat, manchmal hat der Engländer dennoch Heimweh und sehnt sich „nach einem kühlen Bier in meinem Pub“. Sonja Thelen

www.abbaye-dela-bussiere.com

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