Margaux, Berlin

Wilde Kräuter verleihen Flügel

Das „Margaux“ stützt seinen Ruf auf zwei Superlative. Zunächst galt es eine zeitlang als das beste und schönste Restaurant der Hauptstadt. Dann gab es mehrere Wechsel beim Service und dem Interieur. Und so bekam es vor knapp zwei Jahren die mit Abstand brutalste Restaurant-Kritik um die Ohren geschmettert, die noch juristisch vor dem Rufmord vertretbar ist, z.B. http://www.kochmesser.de/gault-millau-2004-berlin.html .

Diese lauten Aufregungen sind verflogen. Die alten Superlative auch. Wer heute das „Margaux“ besucht, betritt einfach eines der zehn besten Restaurants Berlin. Nicht mehr und nicht weniger.

Aber nun gibt es andere Bestmarken zu verkünden. Das „Margaux“ ist das Restaurant mit der gesündesten Wellnessküche. Michael Hoffmann schafft es, dass sich der Gast nach der 7-gängigen Küchenreise (120 Euro) so leicht und fit fühlt, als hätte er gerade erst den Aperitif zu sich genommen. Damit haben einige Gäste ihre Probleme, weil sie für ihr Geld Gänseleber und Kaviar erwarten und es nicht für Wildkräuter ausgeben möchten.

Dabei ist der Salat Mesclun von Alten Sorten – gemeint sind fast ausgestorbene Tomatensorten – und eben diesen Wildkräutern in Orangen-Vinaigrette und sautierten Jacobsmuscheln der schmackhafteste und optisch gelungenste Salat, der in Berlin zu haben ist. Eine aufregende Aromenvielfalt mit nicht mehr Kalorien als Produkten auf dem Teller, der übrigens von der genialen Porzellanmanufaktur Hering aus Berlin stammt.

Ein Klassiker ist der gedämpfte Glattbutt mit geliertem Badoit Mineralwasser und geeistem Olivenöl, ein Gang wie Poesie, nach dem der Genießer sich sofort leichter fühlt. Auch der bretonische Hummer mit Kaschmir-Curry und Ingwer mit lauwarmen Salat von kandierter Wassermelone, Sauerampfer und Sauerklee, zeigt das Bestreben von Hoffmann, Leichtigkeit und Geschmack harmonisch zu vereinen.

Wer weniger auf den Wellness- und Healthy-Food-Trip abfährt, ist trotzdem nicht fehl am Platz. Seit der erfahrene Maître Gesumino Pireddu – vorher im Restaurant „Vitrum“ im Hotel „Ritz-Carlton“ – der neue Herrscher im Restaurant ist, wird wieder am Tisch tranchiert und zelebriert. Die geschmorte Rinderschulter zu besten Steinpilzen ist so elegant wie deftig, das Fett im zart zerfallenden Fleisch schmeckt süß wie Marzipan.

Käse ist seit der Eröffnung die große Stärke im „Margaux“. Der Vacherin Mont d’Or mit Früchtebrot und verschiedenen Chutneys ist exzellent gelagert.

Ein Spiel mit der Spannung ist der Abschluss mit dem süßen Soufflé von Topfen und herrlich saurem Sirup von selbst geernteten roten Johannisbeeren mit einer in Roséchampagner geschmorten Quitte. Himmlisch leichte Kontrapunkte tanzen Ballett auf der Zunge.

Die Folge? Der Gast entschwebt dem Restaurant in Richtung Ausgang – mehrere Zentimeter hoch über dem Boden.

Margaux

Unter den Linden 78, Tel: 22 65 26 11, www.margaux-berlin.de

Öffnungszeiten: Fr-Sa 12-14 Uhr, Mo-Sa 19-22.30 Uhr

Karten: alle Plätze: 80

Fazit: Das „Margaux“ ist das Wellness-Restaurant de Luxe mit herrlichen Kräutern und ausgesuchtem Gemüse. Dafür lasse ich Kaviar und Braten stehen. Der virtuelle Weightwatchers-Treff von Nicole Kidman, Julia Roberts und Angelina Jolie. Wenn das „Margaux“ in Hollywood läge, wären die Mädels jeden Tag hier. Nikolas Rechenberg

Niko betreibt auch den Wein Blogg in der WELT:
http://www.welt.de/z/plog/blog.php/nikos_weinwelten

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