Nager helfen Forschern, menschliche Diabetesrisiko-Gene zu identifizieren

Wissenschaftler des Deutschen Instituts für
Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) haben im Rahmen einer
großen Meta-Analyse mehr als 153 Genregionen bei Nagern identifiziert,
die für die Typ-2-Diabetesentstehung eine Rolle spielen. Wie die
Forscher zeigen konnten, überlappen sich diese Regionen zu einem großen
Teil mit bekannten menschlichen Diabetes-Genregionen. Ziel der
Wissenschaftler ist es, mit Hilfe der neuen Nager-Daten, die vielen noch
unbekannten menschlichen Risikogene gezielter und schneller zu
identifizieren. „Je mehr wir über die Diabetesrisikogene und ihre
Funktion wissen, desto besser“, sagt Studienleiter Hadi Al-Hasani.
Denn dieses Wissen ermögliche es, tiefere Einblicke in die Mechanismen
der Krankheitsentstehung zu bekommen. Eine wesentliche Vorraussetzung,
um neue Präventionsmaßnahmen und Behandlungsmethoden zu entwickeln.

Derzeit gibt es in Deutschland etwa 6 Millionen Typ-2-Diabetiker, wobei
die Zahl der Erkrankten in den kommenden Jahren noch zunehmen wird. Im
Jahr 2010 rechnen Wissenschaftler und Mediziner bereits mit 8 Millionen
Diabetikern. Das entspricht etwa 10 Prozent der deutschen Bevölkerung.
Der Typ-2-Diabetes ist eine häufig unterschätzte, chronische
Stoffwechselerkrankung, die sich schleichend über Jahre entwickelt,
wobei Gefäße und Augen bereits frühzeitig geschädigt werden können.
Schwere Folgeschäden sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Verlust von
Gliedmaßen durch Amputation, Blindheit oder Nierenversagen. Allein diese
Daten machen deutlich, wie wichtig es ist, neue und effektivere Methoden
für Prävention und Therapie zu finden.

Wie Zwillingsstudien belegen, spielt neben äußeren Faktoren wie
Ernährung und Lebensstil die genetische Veranlagung eine wesentliche
Rolle für die Diabetesentstehung. Seit langem weiß man, dass es sich
beim Typ-2-Diabetes um eine „polygene“ Erkrankung handelt, das heißt,
dass mehrere Gene gleichzeitig an der Krankheitsentstehung beteiligt
sind. Die Daten der vorliegenden Meta-Analyse lassen nun darauf
schließen, dass sehr viel mehr Diabetesgene existieren, als
ursprünglich angenommen. Sowohl bei Nagern als auch beim Menschen
sind vermutlich weit über 100 Gene an der Krankheitsentstehung
beteiligt. Derzeit sind jedoch nur 16 menschliche Genregionen bekannt,
die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Diabetesrisiko beeinflussen. Die
Wissenschaftler hoffen nun, durch einen Vergleich der gefundenen
Genregionen mit dem menschlichen Genom, die noch unbekannten
menschlichen Diabetesgene zu identifizieren und zwar schneller als dies
bislang mit anderen Methoden möglich ist.

Ferner bietet ein Abgleich zwischen Mensch- und Nagerdaten einen
weiteren Vorteil: Gene, die bei Mensch und Nager gleichsam das
Diabetesrisiko beeinflussen, wären besonders geeignet, um einen Einblick
in die Mechanismen der Diabetesentstehung zu bekommen. Denn Forscher
könnten ihre Funktion am Tiermodell unter kontrollierten Bedingungen
untersuchen und dann die Daten für den Menschen nutzen. Am Menschen
wären solche Untersuchungen aus praktischen aber auch aus ethischen
Gründen nicht möglich.

Inwieweit genetische Daten dazu genutzt werden können, das individuelle
Diabetesrisiko präziser zu bestimmen als dies derzeit anhand der
klassischen Risikofaktoren möglich ist, sei eine noch offene Frage, so
Hans-Georg Joost, wissenschaftlicher Direktor des DIfE. Denn die
Vielzahl der Gene ließe eher auf geringe Einzeleffekte derselben
schließen, was genaue Risikovorhersagen erschwere.

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