Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit

Mütterliche Ernährung beeinflusst körperliche Leistungsfähigkeit der
Nachkommen

Wie Forscher des Deutschen Instituts für
Ernährungsforschung (DIfE) erstmals zeigen, kann die mütterliche
Ernährungsweise die körperliche Leistungsfähigkeit des Nachwuchses
beeinflussen – zumindest bei Mäusen. Im Vergleich zu Tieren, deren
Mütter eine fettarme Diät während der Trag- und Stillzeit einhielten,
waren Nachkommen von Müttern, die fettreiches Futter bekamen, trotz
Lauftrainings weniger leistungsfähig. Ebenso sprach ihre Muskulatur
nicht gut auf das Training an. Die Studie weist darauf hin, dass bei
langanhaltender Aktivität die Muskeln dieser Tiere nur unzureichend mit
Energie versorgt sind. Die Leistungsschwäche könnte mit fortschreitendem
Alter das Risiko für Übergewicht erhöhen.

Isabel Walter und Susanne Klaus vom DIfE veröffentlichten ihre
Ergebnisse in der Fachzeitschrift Journal of Nutritional Science (I.
Walter und S. Klaus, 2014, DOI:10.1017/jns.2014.55).

Nach Angaben der World Health Organisation hat sich die Zahl der
krankhaft übergewichtigen Menschen seit 1980 weltweit verdoppelt, wobei
verschiedene Faktoren das Entstehen von Übergewicht begünstigen. Zu
diesen zählen eine gewisse erbliche Veranlagung, die Ernährung und nicht
zuletzt auch die körperliche Aktivität. Verschiedene wissenschaftliche
Studien weisen dabei darauf hin, dass die mütterliche Ernährung während
der Schwangerschaft und Stillzeit die Nachkommen beeinflussen und diese
im ungünstigen Fall im Erwachsenenalter für Übergewicht und
Typ-2-Diabetes empfänglicher machen kann. Zudem ist bekannt, dass die
fetale Entwicklungsphase für die Ausprägung der Muskulatur entscheidend
ist, da nach der Geburt die Zahl der Muskelfasern nicht mehr zunimmt.
Bislang gibt es kaum Studien, welche die Effekte der mütterlichen
Ernährung auf die Muskulatur der Nachkommen hinsichtlich deren
Trainierbarkeit sowie Leistungsfähigkeit untersucht haben. Daher gingen
die Wissenschaftler des DIfE diesen Effekten am Mausmodell unter
kontrollierten Bedingungen nach.

Insgesamt untersuchten die Forscher 20 Nachkommen von Müttern, die
während der Trag- und Stillzeit fettarmes Futter* bekommen hatten,
sowie eine Gruppe von 21 Tieren, die von Müttern stammten, die eine
fettreiche Diät erhalten hatten. Nachdem die Tiere entwöhnt waren,
erhielten alle jungen Mäuse fettarmes Futter. Jeweils einer Hälfte der
beiden Mausgruppen stand zusätzlich ein Laufrad zur Verfügung, das die
Tiere nach Belieben nutzen konnten.

Die Nachkommen aller Gruppen waren in etwa gleich schwer, fraßen gleich
viel und verfügten über gleiche Mengen an Körperfett und Muskelmasse.
Allerdings stellten die Wissenschaftler Unterschiede zwischen den beiden
Gruppen fest, die für 28 Tage das freiwillige Laufradtraining absolviert
hatten. So waren nach dem mehrwöchigen Training die Nachkommen der
fettreich ernährten Mütter bei einem Ausdauertest nur etwa halb so
leistungsfähig wie die Nachkommen der fettarm ernährten. Ihre
Leistungsschwäche scheint mit Störungen des Fett- und
Zuckerstoffwechsels einher zu gehen, da im Vergleich zur anderen
Mausgruppe verschiedene Gene anders reguliert waren, die für die Fett-
und Zuckeraufnahme in die Zellen eine Rolle spielen.

„Mit unserer Untersuchung zeigen wir zum ersten Mal, dass der
mütterliche Verzehr einer sehr fettreichen Kost während der
Schwangerschaft und Stillzeit die muskuläre Leistungsfähigkeit und
Trainierbarkeit der Nachkommen beeinflusst – selbst dann, wenn die
Mütter nicht übergewichtig sind“, sagt Susanne Klaus, die am DIfE
die Arbeitsgruppe Physiologie des Energiestoffwechsels leitet. Zukünftig
will Klaus die zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen weiter
untersuchen, wobei sie nicht ausschließt, dass auch epigenetische
Veränderungen** der Gene eine Rolle spielen können. Um Rückschlüsse
auf den Menschen zu ziehen, sei es sicher noch viel zu früh, dennoch
lohne es sich, diesen ersten Hinweisen nachzugehen, um die Zusammenhänge
zwischen Ernährung und pränataler*** Prägung besser zu verstehen, so
Klaus.

Hintergrundinformation:
* Pro 100 Gramm enthielt das fettarme Futter etwa 4,3 Gramm Fett (dies
entspricht ca. 10 Prozent des Energieanteils der Nahrung). Pro 100 Gramm
enthielt das fettreiche Futter etwa 21 Gramm Fett (dies entspricht ca.
30 Prozent des Energieanteils der Nahrung). Das verwendete Fett setzt
sich zusammen aus einem Anteil Sonnenblumenöl (70 Prozent), einem Teil
Kokosnussöl (18 Prozent) und einem Teil Leinsamenöl (12 Prozent).

** Die Epigenetik ist ein relativ junges Forschungsgebiet. Sie
untersucht veränderte Gen-Funktionen, die nicht auf eine Änderung der
DNA-Sequenz zurückzuführen sind. Studien der letzten Zeit weisen
verstärkt darauf hin, dass auch die Ernährung als Umweltfaktor den
Aktivitätszustand von Genen nachhaltig beeinflussen kann, z. B. durch
chemische Veränderung (Methylierung) der DNA-Bausteine.

*** pränatal: vor der Geburt

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