Feinschmecker oder wählerischer Esser?

Näschig, g´näschig, schleckig, heikel, mäkelig, krüsch, … – für kaum ein anderes Verhalten gibt es so viele verschiedene Dialektausdrücke wie für wählerisches Verhalten beim Essen, und das nicht nur bei Kindern. Über die Ursachen sind sich die Experten uneinig. Die einen sagen, wählerisches Essen ist genetisch bedingt, andere sprechen von Erziehungsfehlern. Vorlieben und Abneigungen von Lebensmitteln und Speisen der Kinder sollte man respektieren. Ein gelassener Umgang mit diesem meist vorübergehenden Verhalten und das Vorbild der Eltern schaffen eine gute Stimmung beim Essen.

Kinder spüren, wie viel sie essen müssen

Das Essverhalten von Kindern ist alles andere als stabil. Tagelang essen sie wie ein Spatz, dann vertilgen sie wieder große Mengen. Das ist völlig normal und sollte Sie in keiner Weise beunruhigen. Oft folgt auf „Fressphasen“ ein Wachstumsschub. Kinder haben Zeiten, in denen sie bereit sind, etwas Neues auszuprobieren, dann wieder greifen sie auf Altbekanntes zurück, weil sie das Bedürfnis nach Sicherheit haben. Ein gesundes Kind hat ein untrügliches Gespür, wie viel Nahrung sein Körper braucht. Ob Kinder auch ein untrügliches Gespür für die richtige Lebensmittelauswahl haben, darüber streiten sich die Experten.

Das Geschmacksrepertoire von Kindern entfaltet und entwickelt sich in den ersten sechs bis sieben Lebensjahren. Persönliche Erlebnisse rund um das Essen in dieser Zeit prägen in Grundzügen das Ernährungsverhalten für das ganze Leben.

Kinder haben feinere Sinneswahrnehmungen als Erwachsene

Auch Geschmackseindrücke, die Erwachsene nicht mehr wahrnehmen können – seien es zu viel Nelken im Rotkraut oder die Bitterkeit im Chicorée – können zu ablehnendem Verhalten bei Kindern führen. Manchmal scheitert es an der Beschaffenheit, der Farbe oder dem Geruch, ob ein Lebensmittel gemocht oder abgelehnt wird. Das erklärt auch, warum manche Kinder Lebensmittel überhaupt nicht kosten wollen.
Aufläufe und Suppen mögen Kinder oft nicht, weil sie nicht erkennen, was drin ist. Kinder, die bei der Zubereitung mit geholfen haben, sehen die verwendeten Lebensmittel, schätzen die selbst zubereitete Speise höher ein und essen dann meistens auch davon.

Etwas mögen heißt auch, sich an etwas gewöhnen

Nur bekannte Speisen zu essen ist eine kluge Strategie der Kinder. Schließlich können sie nicht sicher sein, ob ihnen die unbekannten Lebensmittel auch wirklich bekommen. Kinder müssen die Vielfalt der Lebensmittel und Speisen erst kennen lernen. Und das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Es reicht nicht, Kindern etwas Neues nur einmal anzubieten, um sie auf den Geschmack zu bringen. Im Gegenteil: Kinder testen Lebensmittel oft mehrmals, bis sie wissen, ob sie sie wirklich mögen oder nicht. Ihre Kinder sind auch nicht immer in der Stimmung, etwas Neues auszuprobieren. Akzeptieren Sie es, wenn Speisen nicht gemocht werden und probieren Sie es irgendwann erneut. Mit Ihnen persönlich hat das gar nichts zu tun.

Extrawurst braten oder nicht?

Wenn Ihr Kind ein Gericht partout ablehnt, wird es deswegen nicht verhungern. Bieten Sie ein Butterbrot oder einen Rest vom Vortag als Alternative an, mehr aber auch nicht. Mit speziellen Gerichten tun sie weder dem Kind und schon gar nicht sich selbst einen Gefallen.
Größere Kinder dürfen schon mal die Verantwortung für sich selbst übernehmen und sich selbst „die Extrawurst braten“.

Ein gutes Vorbild ist das beste Erziehungsmittel

Kleine Kinder ahmen nach, was Menschen in ihrer Umgebung tun. Wenn Sie regelmäßig abwechslungsreiche Speisen auf den Tisch bringen, selbst zugreifen und mit Genuss Salat und Gemüse essen, bleibt das nicht ohne Wirkung auf Ihre Kinder. Im Kindergarten und in der Schule, bei Großeltern oder Freunden essen Kinder oft Speisen mit großem Genuss, die zu Hause abgelehnt werden. Freuen Sie sich darüber und laden Sie auch mal andere Kinder zum Essen ein.

Nach dem Grundschulalter ist es dann cool oder auch uncool, bestimmte Dinge zu essen, und das bestimmen im seltensten Fall die Eltern. Die Lieblingsspeisen der Teenager kommen häufig aus der internationalen Küche, gerne auch als Fast Food. Deutliche Unterschiede gibt es bei der Lebensmittelauswahl zwischen Jungen und Mädchen. Jungen wollen viel und mehr Fleisch essen, Mädchen wollen besser und viel Salat essen. Vegetarische Phasen vieler Teenager sollte man respektieren und mit großer Gelassenheit begegnen. Und die Verpflegung auf Klassenfahrten lässt das häusliche Angebot oft in neuem Licht erscheinen. Ihr gutes Vorbild wirkt, auch wenn bei den Teenies scheinbar nichts ankommt.

In guter Atmosphäre schmeckt es besser

Gute Stimmung beim Essen, feste Essenszeiten, ein gepflegter Tisch und vielseitiges Essen auf dem Tisch – das ist wichtiger als das genaue Abchecken, ob das Kind auch die richtigen Lebensmittel in passender Menge zu sich genommen hat. Verzichten Sie auf ernährungswissenschaftliche Fachvorträge, Kinder essen eh nur das, was ihnen schmeckt. „Gesund“ ist für Kinder kein Argument, etwas zu essen, „lecker“ schon eher.

Alle Familienmitglieder essen manche Speisen besonders und andere weniger gern. Wenn die individuellen Wünsche im Speiseplan berücksichtigt werden, fühlt sich jeder ernst genommen und lernt auch auf andere Rücksicht zu nehmen. Beate Laumeyer, Diplom-Ökotrophologin und BeKi-Fachfrau

www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de

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