Das Internet bringt Lebensqualität für depressive Menschen

Jeder Fünfte leidet im Laufe des Lebens an Depressionen
Das Internet bringt Lebensqualität für depressive Menschen

Etwa acht Millionen Deutsche sind von einer Depression betroffen, infomiert die Redaktion des Gesundheitsportals www.imedo.de . Die Zahl der Diagnosen steigt stetig an. Depressionen werden auch depressive Störung, depressive Episode oder Melancholie genannt und zählen wohl zu den ältesten Krankheiten der Menschheit. Eine Depression unterscheidet sich von der natürlichen und auch gesunden Trauer durch ihre Intensität und ihren anhaltenden Charakter. Neben der ärztlichen Therapie tauschen sich Betroffene zunehmend im Internet über ihre Krankheit aus. Eine vorbildliche Plattform dafür ist das offene Forum www.kompetenznetz-depression.de . Das Forum ist Preisträger des imedo-GesundPreises 2009. Der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. Nico Niedermeier betreut die Betroffenen und ihre Angehörigen in dem Forum und erklärt, wie eine Hilfe von Mensch zu Mensch im Internet funktionieren kann.

imedo: Herr Dr. Niedermeier, wie viele Betroffene sind momentan in Ihrem Forum kompetenznetz-depression.de angemeldet?
Niedermeier: Es sind etwa 9000 User, jeden Tag kommen circa 20 Neuanmeldungen hinzu.

imedo: Wie viele von Depression betroffene Menschen gibt es deutschlandweit?
Niedermeier: Ungefähr 8 Millionen Deutsche sind betroffen. Man kann davon ausgehen, dass rund 16 Millionen Menschen im Laufe ihres Lebens eine Depression erleiden, von der es viele unterschiedliche Arten gibt.

imedo: Welche unterschiedlichen Arten der Depression gibt es?
Niedermeier: Es gibt neben zahlreichen Unterformen drei große Formen der Depression: die agitierte, die gehemmte und die somatisierte Depression. Die agitierte Form ist gekennzeichnet durch Anspannung, Unruhe, Konzentrationsstörungen und intensive Gefühle wie Angst oder Traurigkeit. Die gehemmte Form äußert sich im Gegensatz dazu eher durch einen Verlust von Gefühlen, Antriebsstörungen und Denkstörungen. Die Betroffenen erleben sich eher so, als ob man ihnen jede Energie entzogen hätte. Die somatisierte Depression versteckt sich primär hinter zahlreichen körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Bauch- und Rückenschmerzen oder Syndromen wie Fibromyalgie.

imedo: Was sind die Ursachen von Depressionen?
Niedermeier: Es gibt Depression im Rahmen oder in Folge körperlicher Erkrankungen. Sie können aber auch durch längere Medikamenteneinnahme entstehen – eine Ursache, die oft unterschätzt wird. Die häufigsten Ursachen der Depression sind besondere Lebensereignisse. Neue Erkenntnisse bestätigen, dass Depressionen auch durch körperliche Stoffwechselstörungen entstehen können, ohne dass äußere Faktoren einwirken.

imedo: Herr Dr. Niedermeier, Sie sind schon viele Jahre Experte in diesem Gebiet, sind Entwicklungen und Trends bei Depressionserkrankungen erkennbar?
Niedermeier: Es ist in der Tat so, dass immer mehr Depressionen diagnostiziert werden. Ob dies allerdings darauf zurückzuführen ist, dass tatsächlich immer mehr Menschen unter Depressionen leiden oder ob die Diagnose besser erkannt und diagnostiziert wird, kann man nicht genau sagen. Wahrscheinlich erscheint aber, dass Krisenzeiten und damit verbundene Unsicherheiten und Ängste dazu beitragen, dass depressive Verstimmungen ansteigen werden.

imedo: Welche Möglichkeiten bietet das Internet den Betroffenen? Viele Leute stehen dem eventuell skeptisch gegenüber.
Niedermeier: Es dient dazu, beim ersten Verdacht nähere Informationen über die Krankheit zu finden. Sollte sich der Verdacht einer Depression erhärten, ist eine ärztliche Therapie notwendig. Im weiteren Verlauf dienen Foren im Internet dem emotionalen Austausch. Sie unterstützen dadurch die Therapie und helfen auch Angehörigen.

imedo: Was sind die wichtigsten Themen, die in Ihrem Forum kompetenznetz-depression.de diskutiert werden?
Niedermeier: Drei Viertel der Beiträge handeln vom Umgang mit Depressionen im Alltag. Die Betroffenen geben sich gegenseitig die Tipps, die sie vom Therapeuten eventuell nicht bekommen. Wie gesagt, kann der Austausch mit anderen Betroffenen die Therapie unterstützen.

imedo: Gibt es speziell für die Angehörigen in Ihrem Forum die Möglichkeit zum Austausch?
Niedermeier: Ja, es gibt eine eigene Rubrik für Angehörige, diese wird aber leider noch von zu wenigen Menschen benutzt. Da wünschen wir uns mehr Zulauf.

imedo: Warum folgen Betroffene eigentlich häufiger dem Rat von unbekannten anderen Betroffenen im Internet als dem von Angehörigen?
Niedermeier: Hinter Ratschlägen von Angehörigen steht auch immer ein Eigeninteresse. Die Betroffenen im Forum verfolgen keine eigenen Ziele, wenn sie anderen Tipps geben. Die Ratschläge sind neutraler, da keine langjährige Beziehung zwischen den Betroffenen existiert, und werden daher besser akzeptiert. Außerdem sind die „anderen Betroffenen“ ja (durch ihre eigene Erkrankung) Experten für diese Erkrankung und können damit viele Emotionen und Bedrängnisse von Betroffenen besser einschätzen als es jemand vermag, der noch nie unter einer solchen Erkrankung gelitten hat.

Depressive Menschen finden Rat, Hilfe und Austausch mit Betroffenen sowie mit ausgewählten Experten unter www.kompetenznetz-depression.de. Das Gesundheitsportal imedo.de bietet ebenfalls Gruppen für Menschen, die unter Depressionen leiden: http://www.imedo.de/group/overview/index/48-depressionen

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