Gastro Vision Business Forum Hamburg 2008

„Erfolg oder Mittelmaß” – Branche muss umdenken: Gute Führungskräfte werden rar

„Erfolg oder Mittelmaß”, hieß das Diskussionsthema des 4. Gastro Vision Business Forum. Die hochkarätig besetzte Expertenrunde benannte die Faktoren, die heutzutage für eine Karriere in Gastronomie, Hotelerie und Catering entscheidend sind. Sie diskutierte aber auch die Probleme der Branche.

Die Talkgäste auf dem Podium leiten Hotels, Restaurants oder Cateringunternehmen, führen Mitarbeiter, bilden in Hotelfachschulen Nachwuchskräfte aus oder sitzen als Personalberater an der Schnittstelle zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Mit Ursula Carl konnten die Organisatoren eine international erfahrene Managerin gewinnen. Sie lenkt derzeit als Geschäftsführerin die Geschicke des ATLANTIC Hotel Airport Bremen. Elmar Rehmann wurde mit seiner Fünf-Elemente-Küche für die Betriebsgastronomie in 2007 zum Caterer des Jahres gewählt. Der gelernte Koch leitet das erfolgreiche Unternehmen Royal Business Restaurants. Zur Runde gehörte außerdem Richard Crux, der als Personalberater der internationalen Personalberatung Russell Reynolds Associates für seine Kunden weltweit nach Führungskräften sucht. Die Ausbildungssituation im Hotelfach beleuchtete Robert Panz, Leiter der Hotelfachschule Hamburg. Den Platz des erkrankten Robert Koch, Geschäftsführer der Gastro Consulting, übernahm kurzfristig Udo Finkenwirth, Präsident der FBMA. Das Gespräch führte und moderierte Michael Moritz, Inhaber der Frankfurter PR-Agentur MORITZ Communications und Mitglied des Gastro Vision Teams.

Persönliche Erfolgsfaktoren
Was wichtige Erfolgsfaktoren betrifft, die den Weg auf der Karriereleiter ebnen, waren sich die Experten einig. Neben nützlichen Netzwerken, die man sich im Laufe seiner Berufstätigkeit aufbaut, benannten sie vor allem persönliche Eigenschaften: Leidenschaft, Zielstrebigkeit, Überzeugungskraft, Motivation, der unbedingte Wille für eine Sache, Mut zuzugreifen, wenn sich eine Chance bietet, und die Fähigkeit Niederlagen verarbeiten zu können. Personalberater Crux ergänzte die Liste um den Punkt „Eine gewisse Härte”, wobei er das vor allem auf Disziplin, Klarheit und Leidensfähigkeit der Führungspersönlichkeit bezog. Und wie entscheiden die Führungskräfte selbst bei Einstellungsgesprächen? Ob krummer Lebenslauf oder zielstrebige Karriereplanung – für Ursula Carl, Elmar Rehmann und Udo Finkenwirth zählt vor allem das Bauchgefühl. „Der Typ ist wichtig”, sagt Rehmann. Als Personalberater geht Crux Einstellungseignungen systematischer und wesentlich analytischer an. Übereinstimmung herrschte bei der Bewertung von Bewerbungspapieren. „Zeugnisse interessieren mich nicht”, sagt Ursula Carl, wichtiger seien beispielsweise Spracherfahrungen oder Auslandsaufenthalte. „Lassen Sie sich vom Bewerber drei Adressen geben, wo Sie sich persönlich erkundigen können – das bringt viel mehr”, rät Crux. Was die Fähigkeiten in der Praxis betrifft, verlässt sich Ursula Carl auf eine intensive Probephase, „da zeigt sich schnell, was derjenige in seinem Job kann und vor allem, ob er sich im Team wohlfühlt und zu uns passt”.

Eine der wichtigsten Tugenden: Führungsqualität
Ob am Beginn der Laufbahn oder wenn man selbst ganz oben steht: Ein wichtiges Kriterium für eine erfolgreiche Karriere in Gastronomie, Hotellerie und Catering sind Führungsqualitäten. Doch daran mangelt es offenbar. Statistiken zufolge steigen 80 Prozent der Auszubildenden in der Gastronomie nach fünf Jahren wieder aus. Dabei seien seine Schüler im ersten Lehrjahr durchweg für den Beruf im Gastgewerbe hochmotiviert, sagte der Leiter der Hotelfachschule Panz. Die Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung würden viele abschrecken, „da reicht die Liebe zum Beruf nicht aus, die Leute werden verheizt”. Hotelchefin Ursula Carl behandelt neue Mitarbeiter im Team daher „wie rohe Eier”. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung vom Tellerwäscher bis zum Hoteldirektor gehören für sie zum guten Führungsstil. Geschätzte Mitarbeiter werden in ihrem Haus übertariflich bezahlt. Auch Caterer des Jahres Elmar Rehmann hat gelernt. Trotz stressiger Phasen, muss man sich immer Zeit für die Belange der Mitarbeiter nehmen. Dass man Führen lernen kann, bestätigt Personalberater Richard Crux: „Es gibt nur wenige Führungskräfte, denen Führungsqualitäten in die Wiege gelegt wurden”. Angebote für die Weiterbildung auf diesem Sektor gibt es heute bereits, etwa an der Hospitality Management School der FBMA oder an Hotelfachschulen wie der in Hamburg. Allerdings haben längst nicht alle Entscheider Weitblick und ermöglichen ihren Mitarbeitern die Teilnahme an solchen Programmen. „Alles was nicht unbedingt unmittelbar mit dem Betrieb zu tun hat, ist für viele Chefs eine überflüssige Investition“, sagt Udo Finkenwirth von der FBMA. In anderen Branchen hat man das Potential, das in Mitarbeitern schlummert, dagegen längst erkannt. „Dort werden Führungskräfte beispielsweise belohnt, wenn sie einen Mitarbeiter motivieren konnten, die nächste Entscheiderebene zu erreichen,” sagte Personalberater Crux. Bei rückläufigen Geburten und Fachkräftemangel kämen auf die Gastro-Branche schwierige Zeiten zu, sagt Schulleiter Panz.

Nach rund zwei Stunden angeregtem Expertengespräch fasste Michael Moritz die wichtigsten Botschaften zusammen: „Die Branche muss umdenken, sonst wird es bald schon einen Mangel an Führungskräften und Nachwuchstalenten geben. Gute Mitarbeiter brauchen – wie es in der Industrie schon lange selbstverständlich ist – Perspektiven und eine bessere Bezahlung. Und: Führungskräfte, die erfolgreich sein wollen, werden künftig vor allem auch an ihren Führungsqualitäten gemessen werden.”

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