Fett- und Kohlenhydratverzehr beeinflussen die innere Uhr des Menschen

Wie ein Forscherteam um Olga Pivovarova und
Andreas F. H. Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung
(DIfE) im Rahmen einer Studie an 29 normalgewichtigen Zwillingen*
beobachtete, beeinflusst die Ernährungsweise erheblich unsere innere
Uhr. Nachdem die Studienteilnehmer ihre Ernährung von einer
kohlenhydratbetonten auf eine fettreiche umgestellt hatten, veränderte
sich bereits nach einer Woche der tägliche Rhythmus der
Cortisol**-Ausschüttung sowie das Aktivitätsmuster verschiedener Gene,
welche die innere Uhr und den Stoffwechsel beeinflussen. Die Forscher
veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift Journal
of Clinical Endocrinology & Metabolism (Pivovarova et al., 2015; DOI:
http://dx.doi.org/10.1210/jc.2014-3868).

Unsere innere Uhr steuert die Ausschüttung von Hormonen sowie
Stoffwechselvorgänge und Körperfunktionen, die einem annähernd
24-stündigen, also circadianen Rhythmus, unterliegen. So genannte
Zeitgeber-Gene regulieren dabei den Takt der Uhr und steuern
gleichzeitig durch rhythmisch verknüpfte Stimulations- und Hemmzyklen
ihre eigene Synthese. Darüber hinaus beeinflussen aber auch Umweltreize
wie das Tageslicht die Aktivität dieser Gene. Untersuchungen lassen
zudem annehmen, dass auch die Energiemenge, die wir über die Nahrung
aufnehmen sowie das Körpergewicht eine Rolle für die circadiane Rhythmik
spielen. Inwieweit die Nährstoffzusammensetzung unseres Essens ebenso
Einfluss nimmt, ist bislang nur wenig erforscht.

Daher führten die Wissenschaftler unter Führung des Mediziners und
Endokrinologen Andreas F. H. Pfeiffer eine Ernährungsstudie mit
eineiigen und zweieiigen Zwillingspaaren durch. Zunächst mussten alle
Studienteilnehmer sechs Wochen lang eine kohlenhydratbetonte Diät
einhalten. Der Kohlenhydratanteil lag dabei bei 55, der Eiweißanteil bei
15 und der Fettanteil bei 30 Prozent der Gesamtenergiezufuhr. Danach
erhielten die Teilnehmer für weitere sechs Wochen eine fettreiche Kost,
wobei die Forscher den Anteil der Kohlenhydrate auf 40 Prozent senkten
und gleichzeitig den Fettanteil von 30 auf 45 Prozent erhöhten, um eine
gleichbleibende Energieversorgung zu gewährleisten. „Diese isokalorische
Ernährung war wichtig, da Unter- oder Überernährung selbst eine starke
Stoffwechselantwort auslösen und so das Untersuchungsergebnis
verfälschen können“, erklärt Pfeiffer.

Wie die Wissenschaftler anhand von Blutzellanalysen feststellten,
veränderte die Ernährungsumstellung innerhalb von sieben Tagen die
Aktivitätsmuster von vier zentralen Zeitgeber-Genen. „Besonders bei
eineiigen Zwillingen waren die Aktivitätsmuster auffallend ähnlich. Wir
gehen daher davon aus, dass die Art und Weise erblich vorherbestimmt
ist, wie das Zeitgeber-Gen-System auf unterschiedliche
Nahrungskomponenten reagiert“, sagt Olga Pivovarova, Erstautorin der
Studie. Die im Tagesverlauf veränderte Aktivität der Zeitgeber-Gene war
dabei eng mit Modulationen im Fett- und Energiestoffwechsel verbunden.
Ebenso änderte sich das Aktivitätsmuster bestimmter Gene, die für
Entzündungsreaktionen eine Rolle spielen. Die beobachteten
Veränderungen waren jedoch nicht nur auf die Gene beschränkt, auch
die Tagesrhythmik der Cortisol-Ausschüttung, die vom Gehirn über die
Hirnanhangsdrüse gesteuert wird, war verschoben.

„Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Art unserer Ernährung sich
nicht unerheblich auf unsere innere Uhr auswirkt. Wie unsere Ergebnisse
darüber hinaus bestätigen, besteht ein enges Wechselspiel zwischen den
circadianen biologischen Rhythmen und den Stoffwechselwegen, die daran
beteiligt sind, den Energiestoffwechsel und auch unser Immunsystem an
das Nahrungsangebot anzupassen“, so Pfeiffer. „Wenn es durch weitere
Studien gelingt, die Mechanismen, die diesen Zusammenhängen zugrunde
liegen, noch besser zu verstehen, wird es vielleicht zukünftig möglich
sein, konkretere Ernährungsempfehlungen zu geben, die besser auf die
innere Uhr und individuellen Bedürfnisse eines Menschen abgestimmt
sind.“

Hintergrundinformation:

* Zwölf eineiige, zwei zweieiige Zwillingspaare und eine Einzelperson
haben an der Studie teilgenommen.

** Cortisol ist ein Stresshormon, das abbauende Stoffwechselvorgänge
aktiviert und so dem Körper energiereiche Verbindungen zur Verfügung
stellt. Seine dämpfende Wirkung auf das Immunsystem wird in der Medizin
häufig genutzt, um überschießende Reaktionen zu unterdrücken und
Entzündungen zu hemmen (Quelle: Wikipedia).

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