Hans im Gløgg

Kopenhagen zur Adventszeit: herzlich, fröhlich und mit viel Geschmack

Eben haben wir den Weihnachtsmann gesehen, gleich um die Ecke auf der Strøget, der längsten und ältesten Fußgängerzone Dänemarks. Er saß auf einer Kutsche, die von stämmigen Brauereipferden gezogen wurde, und er trank Tuborg aus der Dose. Weiße Flocken setzten sich auf seinen Mantel und auf die Pudelmützen der acht kleinen Kinder, die hinten auf seinem Gefährt saßen, dick eingepackt. Sie sangen Lieder vom Julemand, und der Weihnachtsmann mit der roten Nase sang laut und tapfer mit.

Und jetzt, in Hviids Winstue, wo es seit 1723 um diese Zeit den Glühwein der besonderen Art gibt, wird schon wieder gesungen, nicht so hell, nicht so klar, aber auch laut und lustig. „Hej, ich bin Morten…und du, wie heißt du, wo kommst du her..?“ Es wird noch enger, immer mehr Leute quetschen sich auf die Bank, bepackt mit Tüten und Taschen, und Morten bestellt sofort eine neue Runde Gløgg für alle. Diese Spezialität, mit Rosinen und Mandeln versetzt, gehört in ganz Skandinavien zum Winter. Aber nirgendwo schmeckt sie so gut wie in dieser Weinkneipe am Königlichen Neumarkt, Kopenhagens guter Stube.

Pralle Lebensfreude und ein Talent zu hochkreativer und unkitschiger Dekoration zeichnen die Menschen in dieser Stadt aus, die sich nach Umfrage zu den glücklichsten in Europa zählen. In Kopenhagen mag nicht unbedingt das Herz der Welt schlagen, aber ganz sicher ist es eine Welt voller Herz. Sie ist leicht zu finden, zum Beispiel zwischen Rathaus und Nyhavn, im alten Hafenviertel. Dort liegen Seemannskneipen und ambitionierte Restaurants dicht an dicht, und nicht immer weiß man genau, ob das Lokal, in das man gerade einfällt, zur einen oder zur anderen Sorte gehört.

Zuerst also auf die Strøget, zum Staunen und Kaufen. In Il­lums Bolighus, einem der großen Warenhäuser, schweben goldene Vögel über den liebevoll geschmückten Verkaufstischen: „Was wünssen Sie für ein Papiere ssum Einwickeln, meine Dame, mit Herzen oder mit Engeln…?“ Silbern funkeln die Tannengirlanden am Amagertorv bei Georg Jensen, dem Hofjuwelier mit Weltruf. Niemand würde sich wundern, wenn im nächsten Moment die Königin und der Oberhofmarschall ihre Präsente aussuchen würden, aber von Morten, unserem Hans-im-Gløgg aus der Weinstube, wissen wir, dass Margrethe das nicht tut. Sie hat keine Zeit, weil sie soviel basteln, malen und backen muss in diesen Tagen wie Frau Hansen, Frau Nielsen oder Frau Hedegård draußen im Land.

Adelige Weihnachtstische

Wie früher bei Hofe der Julebord, der Weihnachtstisch, gedeckt wurde, zeigt, wie in jedem Jahr, die Schau historischer und moderner Weihnachtstische bei „Royal Copenhagen“, gleich neben Illum. Diese Ausstellung gehört zu den Traditionen der Kopenhagener Adventstage: über vierzig prächtige Tische, königlich, bürgerlich, futuristisch, nostalgisch oder auch ein bisschen verrückt dekoriert. Auch in der kleinen Konditorei, die zur Königlichen Porzellanmanufaktur gehört, wirken Tischdecken, Tassen und Kaffeekannen keineswegs gewöhnlich.

Wer hier keinen Platz findet, versucht es eine Ecke weiter, im Tortentempel „La Glace“. In dem Belle-Epoque-Café wird seit 1880 die beste Trinkschokolade der Stadt ausgeschenkt, mit Sahnehäubchen, dazu die feinsten Wienerbrød, kleine Kuchen, die in Deutschland Teilchen oder einfach Kopenhagener heißen.

Immerzu muss man essen in dieser Stadt: illustrierte Sandwichs zum Beispiel, die Smørrebrød heißen, Butterbrote, bei denen aber Brot und Butter nur eine Nebenrolle spielen. Zur Frokostzeit, mittags also, gönnt sich der Kopenhagener solche bunten Kunstwerke, belegt mit Ei und Kaviar, mit mariniertem Hering oder Lachs, dick mit Käse oder noch dicker mit Leberpastete. Eine Ecke weiter, hinter Sprühschnee auf dem Schaufenster, lockt schon wieder das Schild, das wir in diesen Tagen schon so oft gesehen haben: „Gløgg mit Kager“, Glühwein mit Kuchen. Und überall duftet es nach Marzipan und Rosinen.

Wer bei Tage Andersen in der Ny Adelgade, dem berühmtesten Blumenladen des Landes, nicht gleich wunderschöne und sündhaft teure Adventssträuße kaufen will, muss allerdings Eintritt bezahlen, um sich die ideenreichen Kreationen im Souterrain anzuschauen; viele davon sind witzig, die meisten sind aberwitzig teuer. Aber vor der Tür, ganz umsonst zu bewundern, blühen weiße Christrosen in dicken Kübeln. Ansonsten dominieren in der Stadt rot und grün, die Farben der dänischen Weihnachtszeit. Auch auf dem Basar in der Heiliggeistkirche, die in der Mitte der Strøget steht und vor der man um diese Zeit stets Sängergruppen trifft. Manchmal kommen die jungen Leute aber vor lauter Lachen gar nicht zum Singen.

Stiller als in der belebten Einkaufsmeile geht es nebenan zu, in einer Fußgängerzone, die Strædet heißt. Dort haben die Geschäfte ihre Antiquitäten und den alten Schmuck und den Trödel aus aller Welt mit lauter Nissen dekoriert, knubbeligen, rotbemützten Kobolden, die gut zum Angebot dieser Gegend passen, wo manche kauzige Händler den Nisse-Männern durchaus ähnlich sehen.

Also auf nach Kopenhagen. Oder passt es in diesen Tagen nicht mehr? Kein Problem: Es gibt ein Geschäft, wo immer Weihnachten ist: Im Christmas Shop in der Studiestraede 41 kann man auch im Sommer Tannenbaumkugeln und Nisser kaufen. Nur der Gløgg, der wird dann nicht ausgeschenkt.

Info: Vom 19. November bis zum 30. Dezember 2009 wird auch der legendäre Kopenhagener Vergnügungspark Tivoli wieder zur Jule-Zeit geöffnet sein. Eine halbe Million blinkender Lichter entfalten zusammen mit verschiedenen Weihnachtsdörfern ihre Magie. Die Tivoli-Restaurants haben dänische Jule-Menüs im Angebot, verschiedene nostalgische Fahrgeschäfte und eine mechanische Weihnachtswichtel-Ausstellung sind in Betrieb.

In der Kopenhagener Altstadt und in der Fußgängerzone Strøget haben viele Geschäfte im Dezember nicht nur Wochentags, sondern auch Sonnabends und Sonntags bis 20 Uhr geöffnet. Überall gibt es „Gløgg“ – heißen Rotwein mit Aquavit und Gewürzen, „Ris á l’amande“, weihnachtlichen dänischen Reispudding mit Kirschsauce und einer Glücksmandel, oder das starke, dunkle Weihnachtsbier „Julebryg“.

Auch die berühmten „Weihnachtstische“ von „Royal Copenhagen“ sind wieder zu sehen. Zum 46. Mal lädt die königliche Porzellan- und Kristallmanufaktur am Amagertorv verschiedene Personen ein, Auslagen zu gestalten. Dänische Adlige inspirieren in diesem Jahr mit wundervoll ausgelegten Tafeln mit exklusivem Geschirr, Gläsern und Silberbestecken zum Fest (19. November bis 31. Dezember).

Der Weihnachtsmarkt entlang des romantischen Hafenkanals Nyhavn findet vom 13. November bis kurz vor Heiligabend statt. Der Weihnachtsmarkt der Hippie-Freistadt Christiania ist voraussichtlich an zehn Tagen im Dezember zu besichtigen. Einen Weihnachtsmarkt und eine Eisbahn auf dem Lilla Torg bietet im November und Dezember auch die schwedische Stadt Malmö, nur eine halbe Stunde entfernt am anderen Ende der Øresundbrücke.

Weitere Informationen: www.visitcopenhagen.dk , www.tivoli.dk , www.royalcopenhagen.com , www.christiania.org , www.malmo.se .
Bei Dänemarks offizieller Tourismuszentrale sind regionale Informationsbroschüren und Straßenkarten erhältlich: VisitDenmark, Postfach 70 17 40, D-22017 Hamburg, Tel. 018 05 / 32 64 63 (14 Cent/Min. im Festnetz), www.visitdenmark.com

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