Slow Food Messe übertraf alle Erwartungen

Der “Markt des guten Geschmacks”, die zweite deutsche Slow Food Messe in Stuttgart (3. bis 6. April), hat selbst die Optimisten überrascht. Zwar konnte man mit einer Eintrittskarte auch weitere Parallelmessen besuchen, aber kaum einer der rund 65.000 Besucher ließ die Möglichkeit aus, auch Halle 3 mit den Genüssen von Slow Food zu betreten.

Manche der rund 300 Aussteller, die geglaubt hatten, sich für die vier Messetage ausreichend eingedeckt zu haben, waren schon am ersten Abend ausverkauft und mussten nachordern. Am härtesten traf es “Witty’s vom Wittenbergplatz” aus Berlin, weltweit bekannter Anbieter von Bio-Brat- und Currywurst. “Es war der reine Wahnsinn,” berichtete Hermann Exter. “Ich habe weit mehr verkauft als in der Biohalle der Grünen Woche”. Über Nacht musste er von einer Metzgerei im Raum Stuttgart Würste nach seinem Rezept herstellen lassen und kaufte dafür alles verfügbare Biofleisch auf. Beliebt auch die Produkte der “slowen” Bäcker auf der Messe. “Becka Beck” war am ersten Tag schon mittags ausverkauft, und am nächsten Tag reichte die doppelte Menge gerade mal bis zum späten Nachmittag.

Am Gemeinschaftsstand des Conviviums Tübingen waren Schwäbische Linsen mit Schweinebäckchen der große Renner. So sehr, dass die kalkulierten 50 Kilogramm Schweinebacken nicht einmal bis zur Hälfte der Messe reichten und dann andere Teile vom Schwein benutzt werden mussten. Am Tübinger Stand freute sich Gastronom Peter Schmid, nebenbei Präsident des DEHOGA Baden-Württemberg: “Von Genießerland wurde in der Werbung viel geredet, aber jetzt haben wir mal richtig gezeigt, was dahinter steckt. Wir müssen noch mehr tun, um auch die Nachbarn zu überzeugen.”

Metzger Wienröder aus Ostheim vor der Rhön konnte am letzten Tag nur noch auf eine leere Kühltheke verweisen: Der legendäre “Ostheimer Leberkäs” war ausverkauft, “unter dem Tisch” konnte man gerade noch ein paar Exemplare in der Dose erwerben. Jan Kickinger mit seinen Märkischen Weinbergschnecken aus Beelitz bei Berlin hatte der Slow Food Messe zuliebe andere Genießermessen ausgelassen und es nicht bereut: “Ich habe mehr als doppelt so viel verkauft wie 2007. Und vor allem tolle Geschäftskontakte zu Gastronomen knüpfen können.”

Noch mehr als 2007 waren die Aussteller gefordert, den Besuchern haarklein ihr Handwerk zu erklären. Jörg Geiger aus Schlat mit seinem Schaumwein aus der Champagnerbratbirne, war stets umringt von neugierigen Genießern. “Ich hätte gerne mehr Zeit für jeden einzelnen gehabt – aber es ging einfach nicht.”
Gefragt waren auch die Süßigkeiten. Die Madlon Confisierie überzeugte mit ihrem Motto, dass Schokolade glücklich macht, so sehr, dass sie sich entschloss, am letzten Tag den Reinerlös einem Kinderhospiz zu Gute kommen zu lassen. Wie andere Schokoladenhersteller auch nahm Madlon Geschäftskontakte mit der Delegation der hochwassergeschädigten Kakaobauern aus Tabasco auf, die Slow Food Deutschland eingeladen hatte. Die leckeren Schoko-Pralinen, die die Mexikaner mitgebracht hatten, waren am dritten Tag verkauft.

Reichlich profitieren konnten nicht zuletzt die Einkäufer des Lebensmittelhandels. Marion Döring, Inhaberin des Feinkostladens “Die Esskultur” im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg: “Ich habe viele neue Produkte kennen gelernt, von denen ich sonst vielleicht gar nichts erfahren hätte. Meine Kunden dürfen sich schon freuen.”

Zur besonderen Atmosphäre der Messe gehörte die “lange Tafel” in der mittleren Längsachse der Messehalle 3. Mancher, der zunächst rätselte, warum man nicht überall Tischgruppen verteilt hatte, begriff sehr schnell, worum es ging: Um die Tafel als Symbol für das gemeinsame Miteinander bei Speis und Trank – das, was man auch “tafeln” nennt.

Keiner war glücklicher als Otto Geisel, der Vorsitzende von Slow Food Deutschland.”Ohne das ehrenamtliche Engagement unserer Convivien wäre das alles nicht möglich gewesen”, bilanzierte er. “Aber ohne dieses Engagement hätte die Messe auch nicht diesen Charme und diesen Geist.” Dies könne auch die Grundlage für die nächst Messe in Stuttgart sein. Erst einmal stehe aber die “Slow Fisch” in Bremen (7. bis 9. November 2008) auf dem Kalender. Hier wird durch eine aktive Beteiligung der Landesmesse Stuttgart das Know-how vom zwei erfolgreichen Slow-Food-Messen nutzbar gemacht.

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