Als Reiseexperten von Urlaubsengel testen wir nicht nur Hotels und Traumurlaube, sondern auch außergewöhnliche Restaurants. Auf unserem dreiwöchigen Roadtrip durch Albanien hatten wir die Gelegenheit, das Mrizi i Zanave – ein renommiertes Agriturismo in Fishtë im Norden Albaniens – kennenzulernen und das Gesamtkonzept aus Bauernhof, Gästehaus und Restaurant zu erleben.

Mrizi i Zanave
Gründer Altin Prenga gilt als Pionier der albanischen Slow-Food-Bewegung. In seinem Farm-to-Table-Betrieb stammen die meisten Zutaten wie Käse, Fleisch, Marmeladen, Wein und Gemüse direkt vom eigenen Hof oder aus einem Netzwerk von mehr als 400 Familien aus der Region. Hier lebt man das Motto „Think Globally, Eat Locally“ und übernimmt zugleich soziale Verantwortung durch die Förderung der lokalen Landwirtschaft und die Bewahrung kulinarischer Traditionen. Insgesamt ist Mrizi i Zanave ein sehr familienfreundlicher Ort, der neben kulinarischem Genuss auch zahlreiche Aktivitäten bietet: Kinderspielplatz, geführte Farmbesichtigungen, Musik- und kulinarische Events, Tagesausflüge und vielfältige Outdoor-Erlebnisse. Auf dem Gelände erinnern mehrere Bunker aus der Zeit Enver Hoxhas an Albaniens Vergangenheit. Gleich an der Einfahrt stößt man auf ein besonders markantes Bild: Ein alter Bunker, aus dem ein überdimensionaler Esslöffel ragt.

Bauernhof
Der Hof produziert eine beeindruckende Vielfalt an regionalen Lebensmitteln: Käse aus der eigenen Käserei, hausgemachte Wurstwaren, Schinken, Marmeladen, Weine aus Rebsorten wie Kallmet und Shesh, sowie hochwertiges Olivenöl. Auf den Feldern gedeihen saisonale Gemüsesorten – Tomaten, Gurken, Okraschoten, Kräuter, Reis und Oliven – die frisch verarbeitet oder haltbar gemacht werden. Außerdem werden Ziegen, Gänse und Hühner gehalten. Viele Produktionsschritte, von der Mühle bis zur Räucherei, finden direkt vor Ort statt und stärken so die regionale Wertschöpfung. Die Produkte werden im hofeigenen Shop zum Kauf angeboten.

Gästehaus
Das Gästehaus bietet naturnahe Erholung in traditionell eingerichteten Zimmern mit regionalen Materialien und liebevollen Details. Die Unterkünfte sind rustikal aber komfortabel und bieten genug Platz. In unserem Zimmer war die Toilette lediglich durch Glas abgetrennt – ein Detail, das nicht jedermanns Geschmack trifft. Übernachtungsgäste erwartet am Morgen ein reichhaltiges Frühstücksbuffet mit hofeigenen Produkten. Die Atmosphäre ist familiär und herzlich.

Restaurant
Das Restaurant zelebriert die Slow-Food-Philosophie konsequent. Eine klassische Speisekarte gibt es nicht, stattdessen wird ein täglich wechselndes Menü gangweise am Tisch erläutert und serviert. Auch etwas außergewöhnliche Gerichte wie Linguine mit Blaubeeren finden den Weg auf den Tisch. Der als Vorspeise servierte Rinderschinken und der in Rotwein eingelegte Weichkäse waren von ausgezeichneter Qualität und spiegelten den hohen Anspruch an regionale Produkte wider. Die Gasträume sind stilvoll eingerichtet und bieten Ausblicke auf Hof und Landschaft. Im Sommer laden die Terrasse unter Weinreben und ein Garten mit Sitzplätzen zum Essen im Freien ein. Das Restaurant wird dadurch auch für Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Konzerte genutzt.
Impressionen









Kritikpunkte: Slow-Food-Juwel und Opfer des eigenen Erfolgs
So überzeugend Konzept und Küche sind, so deutlich zeigen sich in der Hochsaison auch organisatorische Schwächen. Bereits mittags um 12 Uhr war der Parkplatz voll und das Restaurant bis auf den letzten Platz besetzt. Eine Speisekarte fehlt, ebenso Hinweise zu Preisen oder Ablauf. Das Angebot auf der Website ist nicht aktuell. Die Begründung, das Menü ändere sich täglich, ist zwar nachvollziehbar, doch ein grober Überblick zu Preisen und Ablauf, etwa per QR-Code oder Tafel, wäre hilfreich gewesen. Das Mittagsmenü bot zwar hervorragende Qualität mit frischen Zutaten und köstlichen Gerichten, doch mangelte es an Kommunikation: Wir wurden nicht darauf hingewiesen, dass Vorspeisen gezielt ausgewählt werden können, bestellten deshalb alle angebotenen Varianten und waren schnell überfordert. Auch beim Service zeigten sich Schwächen – zögerliches Abräumen und ein unkoordinierter Ablauf störten den Gesamteindruck. Am Abend wirkte der Service noch unstrukturierter: Speisen kamen zu schnell oder in falscher Reihenfolge, Hühnchen und Soufflé waren lauwarm. Lange Wartezeiten beim Abräumen und beim Bezahlen schmälerten den Genuss erheblich.
Das Frühstück am nächsten Morgen hingegen war ein erfreulicher Kontrast: In ruhiger Atmosphäre erwartete uns ein reichhaltiges Buffet mit hofeigenen Produkten, frisch gepressten Säften und exzellentem Espresso – ein rundum gelungener Start in den Tag.
Unsere Urlaubsengel-Meinung
Mrizi i Zanave ist ein kulinarisches Erlebnis und ein Aushängeschild der Slow-Food-Bewegung in Albanien. Die Küche überzeugt durch hervorragende Zutaten, authentische Rezepte und eine einzigartige Atmosphäre. Deutliches Verbesserungspotenzial besteht jedoch in Service, Ablauf und Informationsmanagement, besonders in der Hochsaison. Digitale Menüs oder strukturiertere Abläufe könnten das Gesamterlebnis erheblich verbessern. Wer authentische albanische Slow-Food-Küche in ländlicher Umgebung sucht, wird hier fündig – sollte aber beim Service keine Perfektion erwarten.
Diesen Erfahrungsbericht hat Stephan Fath von der Reiseagentur Urlaubsengel, als Gastautor für den Gourmet-Report verfasst – um euch authentische Tipps für spannende Genussreisen zu geben.
Fazit
Mrizi i Zanave im Norden Albaniens verbindet Bauernhof, Gästehaus und Restaurant zu einem einzigartigen Slow-Food-Erlebnis. Kulinarisch ein Höhepunkt, leidet das Gesamterlebnis jedoch unter Servicemängeln und organisatorischen Schwächen in der Hochsaison.


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