Marcus Langer ist der neue Küchenchef im Kronenschlösschen

Lange ist es her, als das Kronenschlösschen in Hattenheim seinen ersten Stern erhielt. 1990 war es, als Franz Keller den begehrten Macaron nach Eltville holte, sein Nachfolger Patrik Kimpel holte 2011 den Stern zurück, bis 2016 dekorierte er das Haus. Seitdem ist es unbesternt geblieben und einem größerem Publikum vor allem als Ausrichter des Rheingau Gourmet & Wein Festival bekannt. Seit August 2025 steht nun Marcus Langer am Herd, ein Mann, der auf lange Jahre in der Sterneküche zurückblicken kann und in Radebeul selbst mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Zuletzt machte er in seiner Orientierungspause Stage bei verschiedenen Sterneköchen – nicht unbedingt üblich, dass ein Sternekoch auf diese Art und Weise seine Pause nutzt und in die Töpfe von Kollegen schaut, unbedingt aber ein deutliches Zeichen, wie ernst er seinen Beruf nimmt und sich auf seine neue Aufgabe vorbereitete. Jetzt wird er dem Kronenschlösschen also seine Handschrift verleihen. Ob die Strategie auf einen Stern ausgelegt ist? Ich denke schon. Ob das gelingen wird? Eigentlich schon. Das Menü (gegessen im Dezember 2025) liest sich vielversprechend, wenn auch noch kein roter Faden erkennbar ist. Vielleicht braucht es auch keinen solchen, vielleicht muss sich Langer erst einmal „einkochen“ und, was auch nicht unerheblich ist, sein Publikum und vor allem die Gegend kennenlernen. Nicht immer ist nur die Kochkunst ausschlaggebend für den Erfolg, es sind mitunter auch wirtschaftliche Aspekte. Steuerliche Liebhaberei ist in der Gastronomie genauso verbreitet wie übertriebenes Selbstwusstsein, Präpotenz oder Größenwahn.
Eile mit Weile
In Hattenheim geht man die Sache lieber ruhig und gediegen an. Kaum ein anderes Haus in Deutschland hat eine vergleichbare Weinkompetenz, der Ruf als Ausrichter des Rheingau Gourmet und Weinfestivals ist fast schon legendär. Es ist also mehr als konsequent, das Haus nunmehr in Richtung Gourmetrestaurant zu entwickeln. Und in diese Richtung kann es nur ein Ziel geben: Einen Stern. Ähnlich wie im Gasthaus Zur Post in Odenthal, in dem die Wilbrand-Brüder kochen, gibt es zwei Outlets: Das Bistro, als Gasthaus für gut-bürgerliche Küche und eben das Gourmetrestaurant. In Hattenheim richtet man das „Erlebnis Gourmetrestaurant“ zeitgemäß aus: „Bei uns ist jeder willkommen, come as you are, beschreibt es eigentlich ganz gut“, sagt Johanna Ullrich, Gerneral Manager im Kronenschlösschen, und fügt hinzu: „Wir verwenden punktuell bewusst Geschirr oder Gläser aus vergangenen Zeiten, aber eher als Hommage und aus Spielerei. Unser Menü ist modern, wir sind es auch. Bei uns muss man weder flüstern noch Anzug tragen. Genießen, das muss man hingegen schon.“





Zum Menü: Marcus Langer ist ordentlich herum gekommen, hat viel gelernt, viel gesehen. Das ist ein Vorteil, jedenfalls mit Blick auf sein Können. Es spiegelt sich im Menü wider, die handwerkliche Handschrift ist in jedem Gang sichtbar, ein Gesamtbild wird aber erst mit der Zeit erkennbar sein. Fest steht: Die Produkte sind exzellent, das Süße-Säure-Spiel in den meisten Gängen hervorragend, die Teller nicht mit zu vielen Komponenten überladen. Besonders hervorgestochen: Das „Schaumsüppchen von der Petersilienwurzel“, das „Ei Benedikt à la Chef“ sowie das „Reh aus heimischer Jagd mit geschmorter Schwarzwurzel“. Beim Reh könnte er noch mutiger auf seine Zeit bei Dieter Müller zurückgreifen, wohl keiner (außer Jens Rittmeyer) kann Soßen besser. Was in einigen Restaurants ein Manko (weil im Vergleich zu den Speisen abfallend) ist, kann das Kronenschlösschen als Punkt verbuchen: Das Dessert „Mille Feuille von Fromage Blanc“ ist das Produkt einer Patisserie, die ihr Handwerk versteht und sich auf dem Niveau des Menüs bewegt.





Das Ziel scheint klar
Fazit: Das Kronenschlösschen möchte seinen Stern zurück (so mein Eindruck), das ist eine gute Nachricht. Mit Marcus Langer wurde jemand gefunden, der „Stern kann“. Das ist auch eine gute Nachricht, weil er den Druck kennt, aber (noch) nicht direkt hat. Wenn die Strategie tatsächlich auf einen Stern ausgelegt ist, dann wird das (Überraschung ausgenommen) nicht im ersten Jahr geschehen, vielleicht aber im zweiten. Die Zeit sollte er sich nehmen und er sollte sie auch bekommen. Der Anfang ist durchaus gemacht und vielversprechend, in spätestens sechs Monaten werde ich wieder in den Rheingau fahren. Mit einem einzigen Wunsch: Überdenkt das bitte das Brot.
P.S.: Warum nichts über die Weinbegleitung zu lesen ist? Weil Johanna Ullrich ein so unglaubliches Händchen dafür hat, dass jedes Wort überflüssig wäre.
Hotel Kronenschlösschen
Rheinallee
65347 Eltville-Hattenheim
http://www.kronenschloesschen.de/
Marcus Langer
Zusammenfassung
Marcus Langer ist der neue Küchenchef im Kronenschlösschen. Ein Restaurantbesuch von Michael Wanhoff

