Dement durch Steaks? Was aktuelle Studien wirklich zum Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und Demenz sagen

Seit Jahren kursieren in den Medien Schlagzeilen, dass rotes Fleisch das Risiko für Demenz erhöhe. Was ist dran an der Behauptung, „Dement durch Steaks“ zu werden? Eine aktuelle Analyse auf Medscape nimmt die neuesten Studien kritisch unter die Lupe – und zeigt, wie schwierig Ernährungsempfehlungen wirklich sind.

Steaks im Don Julio Buenos Aires

Dement durch Steaks?

Was sagt die Forschung tatsächlich?

Im Fokus steht eine große Beobachtungsstudie, veröffentlicht in Neurology, bei der rund 133.000 Menschen über viele Jahre zu ihrem Fleischkonsum und der Entwicklung von Demenzerkrankungen beobachtet wurden. Die Zahlen:

  • Mit hohem Fleischkonsum: 8,91% entwickelten eine Demenz.
  • Mit geringem Fleischkonsum: 9,61% erkrankten daran.

Auf den ersten Blick erscheint das Ergebnis paradox: Menschen mit weniger Fleisch in der Ernährung hatten eine etwas höhere Demenzrate! Erst nach „statistischer Adjustierung“ – das heißt Anpassung für Unterschiede bei Alter, Geschlecht und anderen Faktoren – wurde daraus das immer wieder zitierte Ergebnis: Rotes Fleisch erhöht das Demenzrisiko.

Das Problem mit Ernährungsstudien: Statistik als Gummiparagraph

Prof. Dr. Stephan Martin kommentiert provokant:

„Man muss sich wundern, überhaupt noch zu leben, wenn man die täglichen Schlagzeilen liest, welche Nahrungsmittel gefährlich sind!“

Doch Martin zeigt auf, dass es bei Ernährungsstudien zahlreiche Fallstricke gibt. Die oben zitierte Arbeit illustriert: Studienergebnisse können je nach Auswahl und Kombination der statistischen Korrekturen beliebig kippen. Ein berühmtes Beispiel ist die „Multiversum-Analyse“, bei der ein und derselbe Datensatz mit mehr als 1.200 verschiedenen statistischen Modellen analysiert wurde – mal ergab sich ein positives, mal ein negatives, häufig gar kein signifikanter Zusammenhang. Nur 4% aller Konstellationen zeigten überhaupt ein signifikantes Ergebnis, die Mehrzahl davon sogar mit einer senkende Wirkung des Fleischkonsums auf die Sterblichkeit!

„Hintergrund für dieser Unterschiede war, dass unterschiedliche Adjustierungen ausgewählt wurden.“

Martins Fazit:

„Täglich werden wir mit hunderten Analysen zu Ernährungsfragen überschüttet, die alle mit den selben Problemen behaftet sind. Bei mir entsteht ein ungutes Gefühl, dass hier so lang adjustiert wird, bis das Ergebnis statistisch signifikant ist, denn nur solche Ergebnisse können publiziert werden.“

Worauf können sich Genießer verlassen?

Solange fast alle Empfehlungen auf selbstberichteten Ernährungsgewohnheiten und statistischen Bereinigungen beruhen, bleiben viele simple Aussagen spekulativ. Die Autoren der „Grilling the Data“-Arbeit fordern daher: Ernährungsanalysen sollten künftig transparent als Multiversums-Analysen erfolgen, statt willkürlich nachjustiert zu werden.

„Vielleicht habe ich durch diesen Blog erreicht, dass Sie beim Lesen einer entsprechenden Schlagzeile künftig sich die Frage stellen: Wie wäre das Ergebnis, wenn anders adjustiert wurde?“


Links, Studien und weiterführende Infos

Fazit

Wer künftig liest, dass der Sonntagsbraten das Demenzrisiko erhöht, sollte kritisch auf die Methodik, die statistischen Verfahren und die realen Unterschiede schauen. Die aktuelle Studienlage ist widersprüchlich, und viele angebliche Gewissheiten zu „schädlichen“ Lebensmitteln beruhen auf Modellen, nicht auf unumstößlichen Fakten.

Dement durch Steaks?

Zusammenfassung

Seit Jahren kursieren in den Medien Schlagzeilen, dass rotes Fleisch das Risiko für Demenz erhöhe. Was ist dran an der Behauptung, „Dement durch Steaks“ zu werden?

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