Die Beziehung zwischen Alkohol und Demenz ist seit Jahrzehnten Gegenstand hitziger Diskussionen: Zahlreiche Studien und Ratgeber haben das „Gläschen in Ehren“ sogar als förderlich für das Gehirn dargestellt.

Alkohol und Demenz
Doch eine großangelegte Studie, die kürzlich im renommierten Fachjournal „BMJ Evidence-Based Medicine“ veröffentlicht wurde, bringt neuen Gesprächsstoff in die Welt der Genießer und Gourmet-Leser.
Die Studie im Überblick
Die Forschungsgruppe um Dr. Anya Topiwala hat Daten von über einer halben Million Teilnehmern aus zwei der weltweit größten Gesundheitsdatenbanken ausgewertet: dem US „Million Veteran Programme“ und der britischen „UK Biobank“. Erstmals wurden klassische epidemiologische Methoden – sprich Beobachtungsstudien – und genetische Analysen („Mendelian Randomization“) miteinander kombiniert.
Das Ziel: Die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen allen Typen von Alkoholkonsum (von Abstinenz bis Hochrisikokonsum) und dem Risiko, an einer Demenz zu erkranken, herauszuarbeiten.
Die Ergebnisse – U-förmig oder linear steigend?
Der populäre Mythos: Moderates Trinken sei schützend, nur Hochrisikokonsum gefährlich. Das stimmt so nicht, zeigt die Studie.
- Beobachtungsdaten: Tatsächlich zeigten diese einen U-förmigen Zusammenhang. Menschen, die gar keinen Alkohol trinken und solche, die sehr viel Alkohol konsumieren, hatten ein erhöhtes Demenzrisiko. Dazwischen schien die moderate Trinkmenge vorteilhaft.
- Genetische Analyse (Mendelian Randomization): Hier entlarvt die Wissenschaft aber den Schein: „Mit steigendem Alkoholkonsum steigt auch das Demenzrisiko – und zwar monoton, ohne schützenden Bereich“, erklären die Autoren. Das Risiko ist ab dem ersten Drink messbar erhöht, unabhängig von der Menge.
„Die scheinbare Schutzwirkung moderaten Konsums ist vermutlich ein Artefakt“
Alkohol und Demenz
„Die scheinbare Schutzwirkung moderaten Konsums ist vermutlich ein Artefakt (Ein scheinbarer Effekt, der in Wirklichkeit auf Fehler oder spezielle Umstände zurückzuführen ist (wie z.B. „reverse causality“ in Statistiken))“, so die Wissenschaftler. Viele frühere Studien verwechselten oft ehemalige Riskant-Trinker, die aus gesundheitlichen Gründen abstinent geworden waren („Sick quitters“), mit lebenslangen Abstinenzlern – und unterschätzten so das Risiko.
Reverse Causality – warum das Gläschen nicht schützt
Ein zentrales Ergebnis der Forschung: Menschen, die später an Demenz erkrankten, reduzierten ihren Alkoholkonsum bereits Jahre davor – vermutlich als Folge schleichender, beginnender kognitiver Störungen. Das führt dazu, dass gerade im Zeitraum vor der Demenz-Diagnose scheinbar „weniger Trinken“ mit „Gesundheit“ assoziiert wird. Die genetische Analyse korrigiert diesen Irrtum.
Praktische Konsequenzen für Genießer und Gourmet-Report-Leser
- Schützt ein Glas Wein am Abend das Gehirn? Nein. Jede Menge Alkohol erhöht das Demenzrisiko, auch wenn Beobachtungsdaten lange das Gegenteil suggerierten.
- Was ist mit Genuss und Lebensqualität? Der Gourmet Report setzt traditionell auf Qualität, Genussbewusstsein und Information – nicht auf Verzicht. Das neue Wissen sollte deshalb nicht zu rigiden Abstinenzforderungen führen, sondern zu reflektiertem Umgang mit Alkohol:
- Genuss in Maßen, Bewusstsein für individuelle Risiken.
- Prüfen familiärer Vorbelastung, kognitive Gesundheit regelmäßig checken.
- Stärkere Fokussierung auf Alternativen zum Alkohol als täglicher „Genussbegleiter“.
Stimmen aus der Wissenschaft
Dr. Topiwala und ihr Team fassen zusammen:
„Es gibt keinen schützenden Schwellenwert beim Alkoholkonsum gegen Demenz. Unsere Ergebnisse zeigen eine monoton steigende Risikokurve – und sprechen für Präventionsmaßnahmen auf Bevölkerungsebene.“ (There is no protective threshold for alcohol consumption regarding dementia. Our results show a monotonically increasing risk curve and call for preventive public health interventions.)
Alkohol und Demenz
Kritisch und transparent
Die Studie ist methodisch sehr solide und wurde von internationalen Experten begutachtet. Offene Kommentare oder Peer-Reviews stehen aus, da die Veröffentlichung erst im September 2025 erfolgte – die internationale Resonanz mit Medienwert (Altmetric Score >3000) ist jedoch ein starkes Qualitätssignal.
Wer profitiert vom Wissen?
- Genussbewusste Menschen ab 50+
- Familien mit Vorbelastung für Demenzerkrankungen
- Gastronomie und Weinbranche, die ein neues Narrativ für „bewussten Konsum“ entwickeln müssen
Tipps für Genießer und Gastronomen
- Setzen Sie auf Genussalternativen: Alkoholfreie Drinks, exzellente Tees, exklusive Säfte.
- Brain Health Menü: Kombinieren Sie Ihr Gourmetangebot mit Zutaten, die kognitive Gesundheit unterstützen (Nüsse, Blaubeeren, Omega-3).
- Individuelle Beratung: Bewusstsein für Risiken schaffen, statt Pauschalkritik am Alkoholgenuss zu üben.
Fazit:
Der lang gepflegte Mythos vom „gesunden Gläschen“ ist wissenschaftlich widerlegt. Genuss bleibt wichtig – aber der aktuelle Stand der Forschung spricht klar dafür, den Alkoholkonsum bewusst zu reduzieren, wenn Ihnen Ihr Gehirn lieb ist.
Die Original Studie https://ebm.bmj.com/content/early/2025/09/16/bmjebm-2025-113913 zum nachlesen
Alkohol und Demenz
Zusammenfassung
Alkohol und Demenz: Der populäre Mythos: Moderates Trinken sei schützend, nur Hochrisikokonsum gefährlich. Das stimmt so nicht, zeigt die Studie.


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