Goldener Windbeutel 2020 – Werbelügen der Lebensmittelindustrie

Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Arla, Mars, Hochland, Zentis und Danone für Werbelügen-Preis nominiert 

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Arla, Mars, Hochland, Zentis und Danone für Werbelügen-Preis nominiert

Die Wahl zum Goldenen Windbeutel 2020 ist eröffnet: Verbraucherinnen und Verbraucher können ab heute auf www.goldener-windbeutel.de abstimmen, welches Produkt den Negativpreis für die dreisteste Werbelüge des Jahres erhalten soll. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat fünf Lebensmittel nominiert, die exemplarisch für Etikettenschwindel im Supermarkt stehen: die haltbare Bio-Weidemilch von Arla, den Be-Kind Proteinriegel von Mars, den Grünländer Käse von Hochland, den Fruchtaufstrich „50% weniger Zucker“ von Zentis und den Volvic Bio Roiboos Tee von Danone Waters. Die Produkte richten sich an Kundinnen und Kunden, die bewusste Kaufentscheidungen für den Klimaschutz, für eine bessere Tierhaltung oder für die eigene Gesundheit treffen – und die dabei getäuscht werden oder denen für ihre Haltung das Geld aus der Tasche gezogen wird, wie foodwatch kritisiert. Die Verbraucherorganisation forderte Ernährungsministerin Julia Klöckner auf, der systematischen Verbrauchertäuschung im Supermarkt ein Ende zu bereiten und im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auf bessere Kennzeichnungsregeln zu drängen.

„Klimaschutz, Tierhaltung, Zuckerreduktion: Verbraucherinnen und Verbraucher wollen verantwortungsvolle Kaufentscheidungen treffen – doch wenn sie sich auf die Werbeaussagen der Hersteller verlassen, werden sie getäuscht oder abgezockt. Die Ernährungsindustrie nutzt den Wunsch der Menschen nach nachhaltigen und gesunden Produkten schamlos aus“, erklärte Manuel Wiemann von foodwatch, Wahlleiter für den Goldenen Windbeutel. „Seit Jahren ist das Problem bekannt – und noch immer schützt die Bundesregierung Verbraucherinnen und Verbraucher nicht vor Lug und Betrug im Supermarkt. Ernährungsministerin Julia Klöckner muss das Verbot von Täuschung und Abzocke endlich zur Chefinnensache machen.“

Das sind die fünf Kandidaten für den Goldenen Windbeutel 2020:

Kandidat Nr. 1: Arla Bio-Weidemilch haltbar
Arla führt Klimaschützer hinters Licht: Die Groß-Molkerei bewirbt ihre haltbare Weidemilch mit einem Siegel, das 71 Prozent weniger CO2 verspricht. Dabei unterschlägt Arla allerdings den wichtigsten Punkt der Klimabilanz: die Milchproduktion. Die Werbeaussage bezieht sich lediglich auf die Verpackung. Nach Angaben des ifeu-Instituts ist die Verpackung bei einer Bio-H-Milch jedoch für gerade einmal 2,5 Prozent der Gesamtemissionen verantwortlich.

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Arla für Werbelügen-Preis nominiert

Kandidat Nr. 2: Volvic Bio Roiboos Tee von Danone Waters
Danone Waters verspricht einen „Bio Rooibos Tee“ für „Teeverehrer“. In Wahrheit besteht der „Tee“ nur zu 0,26 Prozent aus Rooibos-Aufguss und zu 92 Prozent aus aromatisiertem Mineralwasser. Die rötliche Farbe kommt hauptsächlich durch eine entsprechend eingefärbte Verpackung – damit es auch fast ohne Rooibos nach einem echten Tee aussieht.

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Danone Waters für Werbelügen-Preis nominiert

Kandidat Nr. 3: Grünländer Käse von Hochland
Grünländer verspricht Käse aus „Milch von Freilaufkühen“. Tatsächlich stehen die Tiere aber im Stall. „Freilauf“ heißt bei Grünländer lediglich, dass sich die Kühe im Stall bewegen können – und nicht etwa auf einer Weide. 

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Hochland Käse für Werbelügen-Preis nominiert

Kandidat Nr. 4: Be-Kind Protein Riegel Crunchy Peanut Butter von Mars
Mars vermarktet seinen Erdnussriegel wie einen gesunden Sport-Snack mit dem „pflanzlichen Protein Kick“. Dabei besteht der Riegel zur Hälfte aus Fett und Zucker und ist damit alles andere als gesund. Die Lebensmittelampel Nutri-Score würde gar ein oranges „D“ anzeigen – die zweitschlechteste Kategorie.

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Mars für Werbelügen-Preis nominiert

Kandidat Nr. 5: Zentis „50% weniger Zucker“ Erdbeere
Zentis zockt gesundheitsbewusste Kundinnen und Kunden ab. Bei dem Erdbeer-Fruchtaufstrich „50 % weniger Zucker“ ersetzte der Hersteller Zucker durch Wasser – und verlangt dafür einen saftigen Preisaufschlag: Das Produkt kostet im Handel gut doppelt so viel wie das zuckrigere Original.

Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Zentis Marmelade für Werbelügen-Preis nominiert

Verbraucherinnen und Verbraucher hatten auf www.schummelmelder.de, der foodwatch-Beschwerdeplattform gegen Werbelügen, in den vergangenen zehn Monaten mehr als 200 Produkte eingereicht und für die diesjährige Wahl vorgeschlagen. Vier der jetzt nominierten Windbeutel-Kandidaten sind Einreichungen aus dem „Schummelmelder“ – das Produkt von Arla wurde aus dem foodwatch-Team vorgeschlagen.

Noch bis zum 6. September können Verbraucherinnen und Verbraucher auf www.goldener-windbeutel.de aus den fünf Kandidaten ihren Favoriten für den Preis der dreistesten Werbelüge wählen. Dem Hersteller des Produkts mit den meisten Stimmen will foodwatch den Negativpreis am Firmensitz überreichen. foodwatch engagiert sich seit langem gegen Verbrauchertäuschung und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln. Obwohl im EU-Lebensmittelrecht allgemein ein Verbot von Täuschung festgeschrieben sei, könnten in der Praxis Hersteller dennoch oft ganz legal mit falschen Aussagen für ihre Produkte werben. Wichtige Informationen fehlen auf Lebensmittelpackungen, andere sind irreführend oder unleserlich. Verbraucherinnen und Verbraucher würden deshalb regelmäßig durch Werbeaussagen und Produktverpackungen getäuscht, so die Kritik von foodwatch.

Um auf das Problem der Verbrauchertäuschung im Lebensmittelbereich hinzuweisen, verleiht foodwatch seit 2009 den Goldenen Windbeutel – 2020 zum zehnten Mal. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das „Smart Water“ von Coca-Cola (2018). Vergangenes Jahr gewann der Bio-Hersteller Zwergenwiese für seine überzuckerte Kinder-Tomatensauce. Als erster Hersteller nahm Zwergenwiese den Goldenen Windbeutel entgegen und kündigte an, die Rezepturen seiner Kinderprodukte zu überarbeiten.

Link:
Die Online-Abstimmung zur Werbelüge des Jahres unter: www.goldener-windbeutel.de

Update:

Wegen fortgesetzter Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher hat foodwatch Produkte von Arla, Danone Waters und Hochland bei den zuständigen Lebensmittelbehörden angezeigt. Die Verbraucherorganisation hat den Ämtern in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern eine Frist von drei Wochen eingeräumt, die Lebensmittel vom Markt zu nehmen oder die irreführende Vermarktung durch die Unternehmen auf anderem Wege zu beenden. Andernfalls kündigte foodwatch Klagen gegen die Behörden an. Mit ihren Werbeaussagen verstoßen Arla, Danone Waters und Hochland nach Auffassung der Verbraucherorganisation gegen das im Lebensmittelrecht verankerte Täuschungsverbot. Es sei Aufgabe der Behörden, gegen diese Werbelügen vorzugehen – dies geschehe im Alltag jedoch viel zu selten, kritisierte foodwatch. 

Am Dienstag verschickte die Verbraucherorganisation anwaltliche Aufforderungsschreiben an die zuständigen Überwachungsämter am Hauptsitz der Unternehmen. Sie beziehen sich auf die Bio-H-Weidemilch von Arla, den Volvic Bio Rooibos Tee von Danone Waters und den Grünländer Käse von Hochland. Alle drei Lebensmittel sind für den Goldenen Windbeutel nominiert, den Preis für die dreiste Werbelüge des Jahres. Verbraucherinnen und Verbraucher können noch bis zum 6. September unter www.goldener-windbeutel.de abstimmen.

„Täuschung ist im Lebensmittelrecht verboten – aber viele Hersteller haben nicht das Gefühl, sich daran halten zu müssen. Arla, Hochland und Danone bewerben stinknormale Produkte als besonders klimaschonend, tierfreundlich oder hochwertig – das ist illegal“, kritisierte Manuel Wiemann von foodwatch. „Die Lebensmittelbehörden müssen gegen diese Werbelügen endlich aktiv werden, denn wir können und wollen nicht für jede Täuschung den Goldenen Windbeutel verleihen. Irreführende Produkte haben in den Supermarktregalen nichts zu suchen – die Kontrollbehörden dürfen diese Fälle nicht dulden, sondern müssen das Täuschungsverbot endlich konsequent durchsetzen.“

Arla verkaufe eine Klimalüge, so foodwatch: Die Großmolkerei wirbt auf der Schauseite ihrer haltbaren Bio-Weidemilch mit 71 Prozent weniger CO2. Dies suggeriere eine Verringerung der ausgestoßenen Treibhausgase des gesamten Produktes. Tatsächlich bezieht sich diese Reduktion jedoch nur auf die CO2-Emissionen der Verpackung – und nicht auf den Inhalt. Nach Angaben des ifeu-Instituts ist die Verpackung bei einer Bio-H-Milch jedoch für gerade einmal 2,5 Prozent der Gesamtemissionen verantwortlich.

Hochland täuscht laut foodwatch bei seinem Grünländer-Käse eine bessere Tierhaltung vor. Auf der Verpackungsvorderseite heißt es, die Milch stamme von „Freilaufkühen“. Tatsächlich stehen die Tiere aber im Stall. Darauf weist Hochland erst im Kleingedruckten auf der Rückseite hin.

Danone erwecke bei seinem Volvic Bio Roiboos Tee mithilfe einer rötlichen Plastikfolie den Eindruck, es handele sich um echten Rooibos-Tee, so foodwatch. In Wirklichkeit enthält das Getränk jedoch lediglich 0,26 Prozent Tee-Aufguss und besteht zu 92 Prozent aus aromatisiertem Mineralwasser. Das Getränk hat daher eine gelbliche Farbe und nicht, wie bei Rooibos-Tee üblich, eine rote Farbe.

Gemäß Artikel 16 der „EU-Basisverordnung“ für Lebensmittel dürfen die „Werbung und Aufmachung von Lebensmitteln (…) die Verbraucher nicht irreführen.“ Auch die EU-Lebensmittelinformationsverordnung schreibt vor, dass Informationen über Lebensmittel „nicht irreführend“ sein dürfen, beispielsweise in Bezug auf die „Eigenschaften“ und „Methode der Herstellung oder Erzeugung“. Lebensmittelbehörden kommt nach dem deutschen Lebensmittelrecht die Aufgabe zu, die Einhaltung dieser Vorschriften zu überwachen. foodwatch setzte den Behörden eine Frist bis zum 22. September, um gegen die irreführenden Produkte vorzugehen.

Link:
Die Online-Abstimmung zur Werbelüge des Jahres unter: www.goldener-windbeutel.de  

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Goldener Windbeutel 2020: Wie umwelt- und gesundheitsbewusste Verbraucher getäuscht werden – Arla, Mars, Hochland, Zentis und Danone für Werbelügen-Preis nominiert

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