Bernhard Steinmann interviewt Jürgen Alt

Vom Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe führte unser Weg nach Mulfingen-Ailringen im idyllischen Jagsttal. Dort ist das Hotel & Restaurant Amtshaus, ein historisches Fachwerkhaus, unser Ziel. Die größte Anziehungskraft übt das Restaurant Amtskeller auf uns aus. Dort verbringen wir zwei Abende mit Kreationen von Küchenchef Sebastian Wiese. Restaurantleiter und Sommelier Jürgen Alt sorgt für die passenden Weine. 

Ein Michelinstern und 16 Punkte des Restaurantführers Gault&Millau sprechen für das Restaurant.

Jürgen Alt kennt das Amtshaus wie seine Westentasche – seit dreizehn Jahren ist er hier Gastgeber. Nach Stationen in Sternerestaurants in Küstnacht und Wertheim-Bettingen hat der gebürtige Mittelfranke in der Winzerregion Hohenlohe seine Heimat gefunden.

Vor Ort konnten wir das nachfolgende Interview mit ihm führen:

Bernhard Steinmann (B.St.): Sie sind 2004 gemeinsam mit Sebastian Wiese ins Amtshaus gekommen. Herr Wiese kam nach kurzer Unterbrechung wieder zurück, während Sie seitdem durchgehalten haben. Worin liegt für Sie der Reiz des Amtshauses?

Jürgen Alt (J.A.): Nun, wir können hier in Ruhe arbeiten. Das ist sehr angenehm.

Die Geschäftsleitung liegt bei Herrn Berdyszak und dieser lässt uns weitestgehend freie Hand.

B.St.: Im Hohenloher „Wengert“ gedeihen tolle Weine. Ist das ein Schwerpunkt Ihrer Weinkarte?

J.A.: Hohenlohe spielt keine so große Rolle auf unserer Weinkarte. Allerdings haben wir einige Weine von hier im Angebot. Beispielsweise vom Weingut Ungerer, vom Weingut Zipf und von Kistenmacher-Hengerer, Heilbronn.

Natürlich ist der Wein aus Württemberg sehr zu empfehlen und bildet einen Schwerpunkt auf unserer Karte sowie Deutschland allgemein. Das sind alles sehr gute Weine. Frankreich, Italien und Spanien dürfen selbstverständlich auch nicht fehlen.

An Frankreich führt kein Weg vorbei.

B.St.: Das Terroir spielt beim Wein eine bedeutende Rolle. In der Region kommt häufig Muschelkalk vor. Das klingt für mich nach reichlich Säurestruktur.

J.A.: Das stimmt zum Teil. Württemberger Weine haben tatsächlich einen spürbaren Säureanteil. Die Weine aus dem Weingut Ungerer sind beispielsweise sehr harmonisch. Jedenfalls ohne störenden Säureanteil.

Jürgen Alt (© Bernhard Steinmann)

B.St.: Getränke und Speisen perfekt aufeinander abzustimmen und dabei auch noch die Vorlieben der Gäste einzubeziehen, wie gelingt dieser Spagat?

J.A.: Mit Herrn Wiese bin ich hier ja schon sehr lange zusammen und so kenne ich seine Küche sehr gut und kann daher die Weine problemlos auf seine Speisen abstimmen.

Hinzu kommt, dass ich reichlich Erfahrung im Beruf habe, das erleichtert die Arbeit.

Der Wein soll die Speisen ergänzen, untermalen, er darf sich nicht in den Vordergrund schieben, sondern muss eine Harmonie erzeugen.

B.St.: Braucht man einen Sommelier, um sich stilvoll zu betrinken?

J.A.: (Lacht). Nein, das braucht man nicht. Das bekommt man bestimmt auch alleine hin.

B.St.: Bio-Wein, Öko-Wein, alles auf der Grundlage möglichst naturschonender Pflegemaßnahmen liegen im Trend. Haben Sie Weine aus biologisch-dynamischem Weinanbau im Angebot?

J.A.: Ja, Weine aus biologisch-dynamischem Anbau haben wir auch auf der Karte. Wir weisen das allerdings nicht auf der Karte aus.

Gerade aus Frankreich gibt es große Namen, die so arbeiten. Auch wenn das vielleicht nicht so bekannt ist, aber der Fachmann weiß das schon.

Ich bin jedenfalls froh, wenn ich ein Bioweingut in die Karte aufnehmen kann.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind unterstützenswerte Ziele.

B.St.: Wenn ein Wein schmeckt, ist das noch lange kein Qualitätsmaßstab. Was bringt dann die Bewertung durch Punkte?

J.A.: Einige Weinexperten vergeben Punkte zur Klassifizierung von Weinen. Letztlich ist das eine subjektive Meinung.

Parker ist natürlich sehr bekannt und viele Menschen richten sich auch danach.

In meiner langen Zeit als Oberkellner oder Sommelier habe ich viele Geschäftsbeziehungen mit Winzern und Händlern aufgebaut. Deren Meinung ist mir persönlich wichtiger als Punkte.

Die Einkäufe probiere ich selbstverständlich. Man schmeckt schon deutlich, wo die Qualität steckt.

Selbst in relativ schlechten Jahren können die Winzer noch einen guten Wein machen.

Für das Restaurant muss ich auch auf eine vernünftige Kalkulation achten. Ein teurer Bordeaux, der im Einkauf 500 € kostet, wird vermutlich im Keller liegen bleiben.

B.St.: Ich habe schon sehr viele junge Damen und Herren als Sommeliers im Restaurant erlebt und frage mich immer, ob nicht gerade für die Weinberatung Erfahrung das Maß aller Dinge ist?

J.A.: Praktische Erfahrung gehört auf jeden Fall dazu. Das sehe ich genauso. Der Beruf des Sommeliers ist schon reizvoll. Es macht Spass den Gästen Weine zu empfehlen oder auf Weinmessen Neues zu erkunden.

B.St.: Bier-, Wasser- oder Gewürzsommeliers, ich habe allen Ernstes zuletzt von einem Brotsommelier gelesen. Wa halten Sie von diesen Begriffsverwirrungen?

J.A.: Davon halte ich nicht viel. Wir haben eine Sorte Wasser im Amtshaus und nicht die Absicht eine Karte mit 20 Mineralwassern aufzulegen.

Der Sommelier ist für den Wein zuständig und hat genug damit zu tun, den richtigen Wein für den Gast auszuwählen.

B.St.: Zu welchem Wein greifen Sie nach einem arbeitsreichen Tag?

J.A.: Ein Schlückchen Weißwein oder Rotwein habe ich immer zu Hause. Manchmal darf es auch ein Bier sein.

B.St.: Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank, Herr Alt, für das Gespräch.

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