Stefan Mörth und Kenichiro Ooe

Ab heute im Hangar7, Salzburg

Das Park Hyatt Hotel in Tokio dürfte vielen noch aus dem Film „Lost in Translation“ bekannt sein, wo es als Kulisse für die Begegnung von Scarlett Johansson und Bill Murray diente. Kenichiro Ooe und Stefan Mörth begegnen sich hier ebenfalls täglich, allerdings auf beruflicher Ebene. Stefan Mörth ist als Executive Chef und mit mehr als 100 Köchen für das gesamte kulinarische Konzept des Hotels zuständig. Kenichiro Ooe leitet seit der Eröffnung des Park Hyatt im Jahre 1994 das hotelinterne japanische Restaurant “Kozue“. Sie werden als Team in den Hangar-7 kommen und man darf gespannt sein, welche überraschenden Kreationen aus ihrem Zusammenspiel entstehen.

Kenichiro Ooe wird als Botschafter für sein Land und seine Esskultur antreten. Seine Karriere begann im Alter von 20 Jahren im „Sezon“, einem französischen Restaurant im Sunroute Hotel in Sakata unter den wachsamen Augen von Chef Yoshiaki Morii. Von dort aus zog es ihn in das „Honten Hamasaku“, einem Kappo Restaurant im Kyoto-Stil im berühmten Ginza-Viertel von Tokio. 1983 arbeitete Ooe San im Kaiseki Restaurant „Kagaya“ in Akasaka, Tokio. Nach drei Jahren begann er im „Shikitei“ in Kodaira, ebenfalls Tokio. 1989 wurde er zum Chef de Cuisine des „Tachikichi“ Restaurant in Kichijoji befördert, wo er ein Jahr blieb, bis er Executive Chef des Restaurants „Koyo“ in Ginza wurde. In dieser Zeit wurde ihm auch die Ehre zuteil, für Prinz und Prinzessin Akishinomiya zu kochen sowie ein Dinner für die Kronprinzessin Masako Owada zuzubereiten. Er besitzt außerdem die Lizenz der Regierung, als Fugu Chef die gefährliche Zubereitung des Kugelfischs auszuführen.

Der europäische Gegenpart

Was europäische wie asiatische Küchenkultur betrifft, kann man Stefan Mörth mittlerweile nichts mehr vormachen. Der gebürtige Steirer arbeitete in Sternerestaurants wie dem Steirereck in Wien, Eckart Witzigmanns Aubergine in München oder der Residenz von Heinz Winkler in Aschau. Er war für mehrere Wintersaisonen auf der Hospiz Alm in St. Christoph tätig, bevor er nach Zwischenstationen in Mallorca und Marbella die einzigartige Gelegenheit bekam, 1998 im Mandarin Oriental Hotel in Bangkok die Küche des weltberühmten französischen Restaurants „Le Normandie“ zu übernehmen. Nach zwei Jahren im legendären Oriental wechselte er als Executive Sous Chef in das neue Peninsula Hotel in Bangkok, von wo er nach fast fünf Jahren in Thailand das Angebot annahm, zur Eröffnung des Grand Hyatt nach Tokio, Japan zu wechseln. 2004 wurde Mörth für eine weitere Eröffnung eines Park Hyatt gerufen, dieses Mal nach Ho Chi Minh City, Vietnam, wo er bis 2006 blieb, ehe es ihn wieder nach Tokyo, diesmal ins Park Hyatt Shinjuku, zurückzog.

Stefan Mörth ist immer wieder beeindruckt von der Vielfalt, die die japanische Esskultur zu bieten hat. Besonderes Augenmerk legt er auf Fisch vom weltgrößten Fishmarkt Tsukiji, welchen er mindestens einmal wöchentlich besucht. Andere Produkte wie Erdbeeren aus Kyushu, Koichi Tomaten, Matsutake-Pilze, Sendai oder Yamagata Beef oder Schwein von Okinawa bringen Ihn vollends zum schwärmen. Einige Kräuter und Gemüsesamen aus Japan pflanzte er sogar in Österreich an, um auch in der Heimat nicht auf sie verzichten zu müssen.

Mörths Weg wird von Auszeichnungen begleitet: Von 1992 bis 1997 wurde er mit zwei Gault Millau Hauben in allen Restaurants belohnt, in denen er als Executive Chef arbeitete. 1995 folgte die Wahl zum besten Newcomer Chef des Jahres in Österreich. 1996 war er im Kochbuch „Die besten Köche Österreichs“ vertreten.

Japan-Liebhabern und Cineasten ist das „Park Hyatt“ in Tokio ein Begriff. Denn beide sind Fans von „Lost in Translation“, des Films, der zum großen Teil in diesem einmaligen Hotel mit der ebenso einmaligen Bar im 52. Stock spielt und auf unnachahmliche Weise die Unterschiede zweier Kulturen karikiert.

Ich habe mich wahnsinnig auf den Termin mit „Park Hyatt“-Executive-Chef Stefan Mörth und seinem japanischen Alter Ego, Chefkoch Kenichiro Ooe gefreut. Japan, speziell Tokio, gehört für mich zum Faszinierendsten, aber auch Widersprüchlichsten überhaupt. Mehr als ein Jahr lang habe ich dort für Eckart Witzigmann das „Marine Terrace“ geleitet und kenne dieses Land bis hin zu einem dreitägigen Gefängnisaufenthalt – wegen unterschiedlicher Auffassungen zum Thema Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Immer, wenn ich „Lost in Translation“-Star Bill Murray Jetlag-traurig auf der Bettkante sitzen sehe, weiß ich genau, was in ihm vorgeht.

Noch mehr Japan-Erfahrung hat natürlich Stefan Mörth. Der Steirer, der schon in Witzigmanns „Aubergine“ und Winklers „Residenz“ mitgemacht hat, arbeitet seit sechs Jahren im „Hyatt“, mittlerweile als Boss von rund 110 Köchen. Das japanische Aushängeschild der „Hyatt“-Restaurants ist das „Kozue“ unter der Leitung von Ooe-San. Zu dritt haben wir uns auf zwei Acht-Gänge-Menüs im „Hangar-7“ geeinigt. Stefans Menü präsentiert sich japanisch-europäisch, Kenichiro hingegen wird das seine im Kaiseki-Stil, also sehr traditionell, aufbauen. Kaiseki ist etwas Großartiges: Es ist eine Ode an die Natur und ihre Jahreszeiten. Aber ich finde auch: Kaiseki ist nicht hyperschwierig zu kochen. Ich muss nicht drei Jahre lang Reiskunde studieren, um Sushi hinzukriegen.

Ich weiß, dass ich mich damit komplett vom philosophischen Überbau der japanischen Küche entferne, aber ich bleibe dabei: So toll ein perfekter Sushi-Reis auch sein mag, er ist für Nicht-Japaner keine unlösbare Aufgabe. Viel schwieriger, ja fast unmöglich wird es, wenn es um die Zutaten geht. Über Produkte in Japan kann niemand schreiben, die muss man selbst gesehen haben. Ein einfacher Apfel, eine simple Erdbeere oder eine erstklassige Scheibe Kobe-Fleisch – solche Qualität gibt es nur in Japan. Was übrigens ebenso für die Preise gilt. Melonen, die locker 150 Dollar kosten. 400 Gramm Kirschen für 200 Dollar, das Kilo Tomaten 60 Dollar, Kobe-Fleisch 1000 Dollar das Kilo.

Ich erzähle das, weil ich ganz ehrlich zugeben muss, dass das „Hangar-7“-Konzept hier an seine Grenzen stößt. Ich bekomme einfach kein richtiges Kobe-Fleisch in Europa. Und es gibt in ganz Europa nichts, das dem Tokio-Fischmarkt Tsukiji entspricht. Trotz aller Globalisierung und des immensen Aufwands, den wir im „Hangar-7“ betreiben, muss ich mich damit abfinden. Dennoch glaube ich, dass wir ein paar herausragende Gerichte zusammengestellt haben. Snapper en papillote beispielsweise, mit Ingwer, Zitronengras, Chili, Koriander und Pilzen. Dazu ein passender Sake – sensationell. Oder Sashimi vom Yellowtail auf Krebsfleischsalat mit Yuzu-Vinaigrette.

Als ein besonders gelungenes Beispiel, wie sich europäische Kochkunst mit japanischer Tradition vermählen lässt, hat mich Stefans Espuma vom Sushi-Reis mit Austern begeistert. Stefan und Kenichiro sind ein eingespieltes Team. Mit ab und an überraschendem Rollentausch. Langnase Stefan ist auf einmal japanisch penibel. Und der reservierte Japaner Ooe zeigt plötzlich ultratrockenen Humor. Gern weist er voller Ernst auf seine staatliche Fugu-Lizenz hin, und dass er mit diesem tollen Fisch „erst einen Menschen getötet“ habe … Beide haben mich dann noch morgens um sechs am Fischmarkt ausgesprochen nett zum Frühstück eingeladen. Es gab in Miso mariniertes Eigelb, Reis mit einem fermentierten Sojabohnenschleim namens Nato, sowie Innereien der Seegurke. Ich weiß Einladungen wirklich sehr zu schätzen und dementsprechend brav habe ich auch von allem probiert. Abschließend kann ich Ihnen allerdings an dieser Stelle hoch und heilig versprechen: Diese Kombi wird es im „Hangar-7“ nicht geben.

www.hangar-7.com

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