Eiweißmolekül identifiziert

Forscher identifizieren Eiweißmolekül, das die Fettspeicherung
kontrolliert

Ein Wissenschaftlerteam unter Führung von Annette
Schürmann vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) hat nun
ein Eiweißmolekül identifiziert, das die Fettspeicherung fördert. Das
Protein sorgt dafür, dass die von hoch spezialisierten Fettzellen
aufgenommenen Lipide in Form großer Fetttröpfchen gespeichert werden
können. Zudem wirkt es dem Fettabbau entgegen. „Unsere am Mausmodell
gewonnenen Ergebnisse tragen dazu bei, die molekulare Regulation der
Fettspeicherung besser zu verstehen“, sagt Annette Schürmann. Das
Eiweißmolekül sei interessant, da es auch im menschlichen Fettgewebe
eine Rolle spielt.

Das Forscherteam, zu dem auch Wissenschaftler der Universitäten Münster
und Leipzig sowie des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried
gehören, veröffentlichte seine Studienergebnisse in der Fachzeitschrift
Molecular and Cellular Biology (Angela Hommel et al., 2010;
doi:10.1128/MCB.01269-09).

Überschüssige Nahrungsenergie wird langfristig in Form von Körperfett
gespeichert. Dies ist seit langem bekannt – weitgehend unbekannt sind
dagegen die molekularen Mechanismen, welche die Fettspeicherung
regulieren. Um diese genauer zu untersuchen, nutzte das Team um Annette
Schürmann einerseits ein Zellkulturmodell und andererseits ein
besonderes Mausmodell. Bei letzterem handelt es sich um Tiere, bei denen
im Vergleich zu Kontrollmäusen die Forscher das Eiweißmolekül ARFRP1
spezifisch entfernten. Durch den Vergleich der physiologischen Daten der
Mäuse, die in ihrem Fettgewebe kein ARFRP1-Protein produzieren, mit den
Daten von Kontrolltieren konnten die Wissenschaftler Rückschlüsse auf
die Funktion des Eiweißmoleküls ziehen. Ebenso lieferten zusätzliche
Zellkulturexperimente ergänzende biochemische Daten.

Die Tiere ohne ARFRP1 speicherten die Lipide kaum im Fettgewebe; die in
den einzelnen Fettzellen eingelagerten Fetttröpfchen waren winzig.
Zusätzliche biochemische Analysen zeigten darüber hinaus, dass ein
fettabbauendes Enzym (hormone-sensitive lipase) stärker aktiviert wurde.
Der Speicherdefekt des Fettgewebes hatte zur Folge, dass die Tiere
Lipide bereits im Alter von nur sieben Tagen in anderen Geweben wie der
Leber einlagerten – ein Vorgang, der zu einer Insulinresistenz führen
kann, einer Vorstufe des Typ-2-Diabetes.

„Aufgrund unserer Daten gehen wir davon aus, dass das identifizierte
Protein gleichzeitig zwei Prozesse reguliert. Einerseits fördert es die
Fusion kleiner Fettpartikel zu größeren Fetttropfen. Andererseits hemmt
es den enzymatischen Fettabbau“, erklärt Angela Hommel, Erstautorin
der Studie. Damit sei die Forschung wieder ein kleines Stückchen
weitergekommen, um die molekularen Grundlagen der Fettspeicherung zu
verstehen, ergänzt Annette Schürmann.

Die Wissenschaftler gehen derzeit nicht davon aus, dass ihre
Erkenntnisse in naher Zukunft dazu genutzt werden können, neue
Medikamententherapien gegen krankhaftes Übergewicht zu entwickeln. Denn
das identifizierte Protein spielt auch während der Embryonalentwicklung
sowie in anderen Organen wie der Leber, den Nieren oder dem Gehirn eine
wichtige Rolle. Würde man also beispielsweise versuchen, die Wirkung des
Proteins ARFRP1 und damit auch die Fettspeicherung medikamentös zu
unterdrücken, wären sicher zu starke Nebenwirkungen zu erwarten.
Allerdings stellt die von der Arbeitsgruppe Schürmann entwickelte Maus
ein neues Modell zur Untersuchung der Ursachen und Mechanismen der
Insulinresistenz dar. „Aufgrund der defekten Fettspeicherung im
Fettgewebe lagert der Körper Fette in anderen Organen, wie z.B. der
Leber, dem Skelettmuskel und dem Herz ein, wie es auch bei
übergewichtigen und adipösen Personen beobachtet wird. Diese
‚fehlerhafte’ Fettspeicherung wird mit einer verminderten
Insulinwirkung in Verbindung gebracht, deren molekularen Ursachen nun in
unserem Modell aufgeklärt werden können“, sagt Annette Schürmann.
Hintergrundinformation:
Das Fettgewebe spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation des
Energiehaushalts des Körpers. Dabei muss man zwischen zwei Gewebetypen
unterscheiden:
Das so genannte braune Fettgewebe trägt dazu bei, die Körpertemperatur
aufrecht zu erhalten. Das in ihm gespeicherte Fett wird direkt für die
Wärmeproduktion verwendet, so dass hier größere Mengen an Energie
verbraucht werden. Lange ging man davon aus, dass das braune Fettgewebe
beim Menschen eher eine untergeordnete Rolle spielt und er nur im
Säuglingsalter wenig davon besitzt. Neuere Studien belegen jedoch,
dass auch der erwachsene Mensch über braunes Fettgewebe verfügt, wobei
allerdings adipöse Personen kein oder nur geringe Mengen dieses
stoffwechselaktiven Gewebes aufweisen.

Das so genannte weiße Fettgewebe erfüllt drei verschiedene Aufgaben:

– Es ist Speicher- und Depotfett; ein Mensch mit einer Fettreserve
von 15 Kilo kann etwa 50 bis 60 Tage ohne Nahrung auskommen.
– Es bietet ähnlich wie ein „Airbag“ einen gewissen Schutz vor
mechanischen Verletzungen.
– Es dient der Wärmedämmung, denn Fett ist ein schlechter
Wärmeleiter.

Die Fettzellen (Adipocyten) des weißen Fettgewebes sind vergleichsweise
große Zellen. Die Zelle ist fast vollständig mit einem großen
Fetttropfen ausgefüllt, wobei der Zellkern dicht an den Zellrand
gedrückt ist. Stark vereinfacht, kann man sich die Fettzelle als
einen dehnbaren Öltank vorstellen. Eine Abbildung von Fettzellen kann
angefordert werden unter: presse@dife.de

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen
ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention,
Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln.
Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes und
Krebs.

Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und
Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte
Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-,
Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und
Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften.
Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an
Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder
fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die
Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.200 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, davon sind ca. 6.500 Wissenschaftler, davon wiederum 2.500
Nachwuchswissenschaftler. Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de

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