Bernd Fabian

GÄSTE 2009

Internationale Fachmesse für Gastronomie,
Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung
(8. bis 11. November 2009)

Das zweite Leben für Kürbis, Karotte & Co.

2. Original chinesischer Gemüseschnitz-Wettbewerb auf der GÄSTE 2009

Den Fußballweltpokal könnte Bernd Fabian glatt aus einer Museumsvitrine entlehnt haben, den Pfau mit gespreiztem Gefieder aus einer Tierhandlung und die Geige aus dem Musikschrank. Man muss schon genau hinschauen, um den Korpus der Fidel als Kürbis und hinter den Saiten den Lauch auszumachen. Auch die Täubchen, Fische, Seepferdchen und Krabben in Fabians lukullischem Zoo fristeten ihr erstes Leben als Rettich, Rote Bete, Mohrrübe oder Chinakohl. Mit Fantasie und Geschick hauchte ihnen der 44-jährige eine neue Identität ein.

Gemüseschnitzen nennt sich die ungewöhnliche Disziplin, mit der Fabian seinen Feinkostladen im brandenburgischen Guben von Mitbewerbern abhebt. Seine Blumendekoration zaubert er aus Kohlrabi, Fenchel, Trüffelkartoffel und Radieschen. Körbe und Etageren drechselt er aus Kürbis oder Mango, kleine Obstwagen samt filigranen Speichenrädern aus Ananas. Insgesamt 32 Sorten von A wie Avocado bis Z wie Zuckermelone umfasst seine Liste an Schnitzmaterial.

Herz der deutschen Gemüseschnitzer schlägt in Sachsen

Ursprungsland der exotisch-dekorativen Kunst ist China, wo man das Gemüseschnitzen schon seit 650 nach Christus praktiziert. Ein Chinese war es denn auch, der Bernd Fabian auf den Geschmack brachte: Xiang Wang. In den Kursen des zweifachen Weltmeisters lernte der Brandenburger die Grundtechniken und wagte er sich zur Leipziger GÄSTE-Messe 2007 erstmals mit Schnitzmesser und Kürbis vor Publikum.

Gemeinsam mit rund 20 weiteren Eleven aus Wangs Gemüseschnitzkursen gründete der Brandenburger den Xiang-Wang-Food Artistik e.V., dessen Mitglieder aus ganz Deutschland kommen, von Büsum bis Stuttgart. Das Herz der Gruppe schlägt indes in Sachsen: im Hotel Forstmeister im erzgebirgischen Schönheide, wo man sich regelmäßig trifft, und auf der Leipziger GÄSTE. Hier richtete die fingerfertige Crew um Bernd Fabian im Jahr 2007 den ersten Original chinesischen Gemüseschnitz-Wettbewerb aus. Auf der GÄSTE 2009 vom 8. bis 11. November gibt es nun die zweite Auflage des “fruchtigen” Turniers.

Im Wettstreit zeigt sich der wahre Meister

Der Wettbewerb gliedert sich in eine Pflicht und eine Kür, erläutert Fabian, der 2007 den zweiten Platz unter den rund 100 Startern errang. Als Pflichtaufgabe sind drei verschiedene chinesische Blüten aus Rettich, Kohlrabi und Roter Beete nach Zeit zu schnitzen. In der Kür kreiert jeder Schnitzkünstler binnen fünf Stunden ein Schaustück seiner Wahl. Das dafür verwendete Obst oder Gemüse ist ihm ebenso wie das Motiv freigestellt. Ausschlaggebend für das Punktergebnis sind neben dem gewählten Thema die Proportionen der Skulptur, die Vielfalt der eingesetzten Schnitztechniken sowie deren Schwierigkeitsgrad.

Fabian misst dem Leipziger Wettbewerb, für den bereits Dutzende Anmeldungen aus dem In- und Ausland vorliegen, deutlich mehr Bedeutung bei als Schauschnitz-Events: “Zum einen findet der Wettstreit streng nach den echten Regeln statt, wie sie in China schon seit langem gelten. Und zum anderen zeigt sich erst unter Zeitdruck sowie angesichts eines großen Messepublikums der wahre Meister.”

Nichts für Nervenbündel!

Als Juror für den Leipziger Wettbewerb wurde ein weiterer Großmeister der Küchenkunst gewonnen: der Schweizer Starkoch Urs Regli, zweifacher Weltmeister und Olympiasieger bei Koch- bzw. Patisserie-Championaten. Regli misst dem Gemüseschnitzen eher einen hohen Spaßfaktor statt Wettkampfcharakter bei. Nach stressigen Tagen am Herd, verrät er, wäre das kreative Handwerk vor allem “Erholung pur, eine heilsame Therapie, die einen ohne Zwang zum Geldverdienen abends wieder auf Normalpuls bringt.” Auch Regli leitet im bayrischen Kempen gut besuchte Kurse. Den Teilnehmern gibt er stets mit auf den Weg, dass der Erfolg in diesem kunstfertigen Milieu vor allem Geduld und Ruhe, sprich: kreative Gelassenheit erfordere. “Ein Nervenbündel ist hier ebenso fehl am Platz wie schnöde Geldgier”, schmunzelt der Starkoch.

Die größte Faszination beim designerischen Aufpeppen von Kürbis, Karotte & Co. sieht Regli darin, dass man keinen großen Aufwand betreiben muss: “Ein Messer zwischen die Finger, etwas Obst oder Gemüse aus dem Kühlfach – und schon geht es los, völlig unabhängig von Standort, Räumlichkeit, Tages- oder Jahreszeit”, schwärmt der 53-Jährige.

Dennoch ist der Schweizer ehrlich gespannt, welche positiven Auswirkungen ein strenger Wettbewerb auf die Teilnehmer hat. “Wer bereit ist, sich diesem Zeitdruck auszuliefern, lernt womöglich auch besser, in seinem Tagesgeschäft originelle Kreationen zügig und in hoher Qualität zu fertigen”, meint er. “Schließlich kann man mit den dabei erzielten optischen Effekten ein wertvolles Alleinstellungsmerkmal schaffen. Man bleibt den Kunden oder Gästen noch lange in Erinnerung. Da entdecken auch Erwachsene wieder das Kind in sich.”

Marktvorteil: Das Auge isst mit

Das sieht Frank Börner genau so. Der gelernte Fleischer, der im sachsen-anhaltischen Naumburg einen Menü- und Plattenservice betreibt, gehört zu den Teilnehmern des 2. Original chinesischen Gemüseschnitz-Wettbewerbs auf der Leipziger GÄSTE. An selber Stelle hatte er 2003 erstmals einen Gemüseschnitzer erlebt. Das sei wie eine Einstiegsdroge gewesen, gesteht der 54-Jährige. Schon bald belegte er den ersten Kurs und gilt heute als fortgeschrittener Profi im Metier. Seine Rosen und Täubchen “aus eigener Zucht” seien ein echter Marktvorteil, den ihm keiner so leicht streitig macht: “Das Auge isst bekanntlich mit!”

Nach möglichen Favoriten befragt, gibt sich Juror Urs Regli indes bedeckt. Er erwartet zwei widerstreitende Gruppen im Teilnehmerfeld: die eine, die große Kunst anstrebt und dafür viel Aufwand betreibt, und die andere aus meist jüngeren Startern, die mit verblüffend einfachen Ideen stilisierte Schlichtheit umsetzt. “Warten wir ab, welche Richtung sich durchsetzen wird”, meint Regli geheimnisvoll.

www.gaeste.de

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