Facil, Berlin

Luftige Eleganz

Es gibt nur wenige Restaurants, in denen ich mich auch mittags richtig wohl fühle. Meistens sind die Hauptstadt-Kantinen zu überfüllt und hektisch oder zu leer und das das Essen fade ­- in Berlin kommt mittags außerhalb der Szene-Restaurants noch keine rechte Stimmung auf.

Eine der schönsten Ausnahmen bietet das „Facil“, oben in luftiger Höhe im 5. Stock des „Mandala“ Hotels am Potsdamer Platz gelegen. Der Lift führt direkt zum Gang ins Restaurant. Maitre Manuel Finster lächelt vergnügt – ich habe ihn noch nie anders erlebt. Auch die ersten frühsommerlichen Sonnenstrahlen erhellen den komplett verglasten Raum, der wie eine Mini-Nationalgalerie wirkt. Die weißbezogenen Stuhlsessel, der honigfarbene Natursteinboden und die vier Raumsäulen wirken grazil, das Ambiente im „Facil“ beschwingt.

In den vergangenen Tagen hatten wir schon knapp 20 Grad, dann ist das Dach des Restaurants hydraulisch um einen Meter angehoben, draußen weht der Wind um die Bambussträucher auf der Terrasse, das „Facil“ bezaubert mit einem Hauch Asien. Wir nehmen Platz im Land des Lächelns.

Mittags kostet jeder Gang 13 Euro. Das ist ein schöner Zug, die Gänge aus dem ebenfalls gebotenem Mittags-Menü sind etwas teurer. Der Salat von Kabeljau, Avocado und Papaya-Senf-Relish verstärkt den sonnigen Tag von innen, genau wie der Chevre (Ziegenkäse) mit eingelegtem Chicorée. Der gedämpfte Saibling mit Brunnenkresse und seinem Kaviar ist leicht und gesund, eine bessere Wellness-Küche ist kaum zu finden. Die aromenstarke Langoustino-Cremesuppe mit Ingwer und Gemüsesalat kommt elegant daher, einzig das Einschenken in den Teller muss der Service noch lernen.

Ein Bisonfilet mit Röstzwiebelgremolata und Buchenpilzen und die Schulter und Bolognese vom Müritzlamm und Cous Cous runden den Lunch ab. Alles auf den Punkt zubereitet und perfekt aufeinander abgestimmt. Die offenen Weine dazu sind gut kalkuliert.

Auch abends sind die Menüs vom Preis-Leistungs-Verhältnis echte Empfehlungen. Vier Gänge kosten ab 75 Euro, sechs 110. Schon beim Lesen läuft das Wasser im Mund zusammen: Makrele mit Grapefruitmarmelade, Holzkohleöl und Kopfsalat (25 Euro) oder Wolfsbarsch mit Nussbutterfumet und Lorbeerreduktion (38 Euro).

Die Küche vom in Berlin völlig unterschätzten Sternechef Michael Kempf ist wie das Restaurant, leicht und beschwingt, die frischen Kräuter und Gemüse zu Fisch und Fleisch runden das „Facil“ zum perfekten Gesamtkunstwerk ab. Der Michelin-Stern, einer von nur zehn in Berlin, leuchtet weiterhin hell über dem Potsdamer Platz.

Facil

The Mandala Hotel, Potsdamer Straße 3, Tel: 590 05 12 34. www.facil.de

Öffnungszeiten: Mo-Fr 12-15 Uhr und ab 19 Uhr

Karten: alle Plätze: 50

Fazit: Eine erfrischende Kombination von eleganter Leichtigkeit und puristischer Noblesse. Übrigens der einzige Gourmet-Tempel in Berlin, in dem ich einen mit Sneakers und Shirt gewandeten jungen Mann entdeckte, es war ein Londoner Broker. Die 20 Terrassenplätze sind im Sommer schnell belegt, das „Facil“ ist eine Genießer-Oase, ein klassisches Hide-away im hektischen Großstadtdschungel.

Niko Rechenberg ist Autor des Wein Blogs:
http://weblogs.welt.de/blog.php/nikos_weinwelten

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