Bernhard Steinmann interviewt Alexandra Laubrinus

Alexandra Laubrinus ist Geschäftsführerin der Berlin Food Week, die derzeit ebenso ausgebremst ist wie die gesamte Gastronomie, die unter der Coronakrise, bzw. den tiefgreifenden Maßnahmen zur Kontaktreduzierung leidet. Gerade jetzt wurde wieder eine Zielmarke verändert, die Lockdown genannte Behinderung der Berufsausübung in einigen Branchen geht weiter.

Dennoch ist Alexandra Laubrinus nicht untätig geblieben. Das Team der Berlin Food Week hat gemeinsam mit der XU Group das Festival-freie Jahr 2020 genutzt und eine 100% digitale Weiterbildung für das Gastgewerbe entwickelt (siehe hier:  https://xu-group.de/bfw/ ). Darüber und über viele andere Themen habe ich mit Alexandra Laubrinus gesprochen.

Hier nun das Interview:

Bernhard Steinmann (B.St.): Noch immer hält uns die Coronapandemie im Griff. Wann findet die nächste Berlin Food Week statt?

Alexandra Laubrinus (A.L.): Wir sind optimistisch und planen bereits für dieses Jahr. Den Termin haben wir noch nicht veröffentlicht. Die Vorbereitungen laufen jedoch schon an.

B.St.: Was ist das Besondere an der Berlin Food Week?

A.L.: Für uns war es immer wichtig, alle Facetten des kulinarischen Treibens in Berlin abzubilden. Wir zeigen Köche, Restaurants, Manufakturen, Marken mit dem Fokus auf Berlin aber auch auf Deutschland und die Welt. Da werden Stile gemixt, Experimente gemacht, aber auch über Produkte und deren Herkunft sowie Zubereitung informiert. Wir wollen das Bewusstsein schärfen und die Wertschätzung für Essen in Deutschland stärken. Dabei geht es vor allem um die Wertschätzung der handwerklichen Kunst einerseits und um ein besseres Verständnis der Produzenten andererseits.

Alexandra Laubrinus (© Tom Wagner)

B.St.: Wie stark ist die Berlin Food Week auf die Spitzengastronomie ausgerichtet. Bildet sie das besondere Highlight oder geht es mehr um die Gastronomie allgemein?

A.L.: Natürlich zeigen wir auch die Berliner Spitzengastronomie. Wir arbeiten mit Sterneköchen zusammen die ihrerseits auch Workshops veranstalten. Viele Trends werden durch die Spitzengastronomie erlebbar gemacht und dadurch greifbarer.

Das ist aber nur ein Teil des Angebots. Wir wollen viele Menschen ansprechen, sind sehr gut in der Breite aufgestellt. Uns geht es um alle mit Interesse an Genuss, Ernährung allgemein und man soll Spass dabei haben. Wir haben die Szenerestaurants dabei, es gibt Streetfood. Wir sprechen arbeiten auch mit Caterern. Es gibt sehr spannende Entwicklungen im Hospitalitybereich, auch in Hotelrestaurants und Hotelbars.

B.St.: Im Augenblick hat man das Gefühl die Leute warten nur darauf, dass die Restaurants wieder öffnen und man hineinstürmen kann. Die Frage die ich mir stelle ist aber, ob die Menschen bei den Events, wie z.B. Food-Festivals, nicht zurückhaltender werden. Wie schätzen Sie die Lage ein?

A.L.: Ich glaube, dass der Hunger nach Erlebnis und Gesellschaft sehr groß ist.

Der Run auf die Restaurants, der nach der Öffnung einsetzen wird, wird meiner Meinung nach sehr groß sein. 

Gutes Essen gibt es auch jetzt. Wir können uns von den Restaurants beliefern lassen oder mehrgängige Menüs abholen. Was wirklich fehlt ist der Austausch mit den Mitarbeitern der Gastronomie. Es fehlt die Information zu den Produkten, die Weinempfehlung. Es fehlt einfach die Möglichkeit gemeinsam zu genießen.

Ich glaube allerdings auch, dass die Menschen etwas vorsichtiger sein werden. Die Pandemie wird noch nicht beendet sein, wenn die Restaurants wieder öffnen. Man wird mehr Rücksicht nehmen müssen. Man wird vielleicht die Anzahl der Besuche etwas reduzieren. Etwa ein oder zweimal die Woche statt wie früher drei oder viermal. Man kann das gut mit dem Lieferservice ergänzen.

Grundsätzlich sieht man aber, dass der Bedarf nach Abwechslung sehr groß ist. Auch in anderen Branchen wie bei der Musik, Liveevents, dem Theater, dem Kino.

Die Sehnsucht danach ist schon sehr groß.

Ich hoffe sehr, dass die Wertschätzung deutlich größer wird als vor der Pandemie.

Frühe Reservierungen schaffen auch Planungssicherheit für die Unternehmen. Rechtzeitige Absagen, wenn es denn einmal sein muss, müssen unbedingt erfolgen. Nicht einfach wegbleiben. 

Man kann Slots buchen und nach zwei Stunden den Platz für andere Gäste frei machen.

B.St.: Die Situation im Gastgewerbe ist im Augenblick sehr schwierig. Ich habe von Gastronomen gehört, dass sie nicht mehr öffnen werden. Befürchten Sie die Aufgabe vieler Restaurants, die Partner der Berlin Food Week sind?

A.L.: Das muss man sehr differenziert betrachten. Berlin ist recht gut aufgestellt. Restaurants, die schon vorher klare Konzepte hatten, die sich früh mit alternativen Umsatzmöglichkeiten beschäftigt haben, sollten gut durch die Krise kommen. Da bin ich sehr optimistisch.

Natürlich gibt es auch Unternehmen mit geringen Rücklagen, da kann es problematisch werden. Auch muss man den Aufwand bewältigen, der mit der Beantragung von Notfallhilfen verbunden ist. 

In weniger dicht besiedelten Regionen ist die Situation bestimmt schwieriger. Dort ist es nicht einfach Take-away-Konzepte oder einen Lieferservice zu verwirklichen.

Da hat man in Berlin eine viel größere Zielgruppe, letztlich einen klaren Standortvorteil.

B.St.: In der Krise habe ich sehr positiv aufgenommen, dass viele Restaurants ihren Geschäftsbereich erweitert haben. Stichwort: Lieferservice. Sollten die Restaurants diesen Service nach der Wiedereröffnung weiterhin anbieten? Nutzen Sie persönlich dieses Angebot?

A.L.: Ich nutze diesen Service sogar recht regelmäßig. Ohne Inspiration von außen und den tollen Speisen aus den Restaurants geht ein bisschen Lebensqualität verloren. Gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft Einschränkungen hinnehmen muss.

Bei meinen ausgedehnten Stadtspaziergängen nehme ich auch gerne etwas mit nach Hause. 

Ich bin davon überzeugt, dass es für die Gastronomen wichtig ist, dieses Konzept dauerhaft zu integrieren und damit auch zusätzliche Einnahmen zu generieren. Einschränkende Regularien für die Gastronomie werden bestimmt noch einige Zeit gelten. Ebenso müssen die Einnahmeverluste der nächsten Monate aufgeholt werden, was bestimmt sehr schwer sein wird. Daher wird man nach Alternativen schauen müssen. Die Pandemie wird uns noch eine lange Zeit begleiten.

B.St.: Nachhaltigkeit und Regionalität spielen bei Gästen eine

immer wichtigere Rolle. Wo bleibt Raum für eine weltoffene Kulinarik, die uns doch so viel Neues gebracht hat?

A.L.: Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit lassen sich sehr gut mit Weltoffenheit kombinieren. Beispielsweise denke ich hier an das thailändische Restaurant Kin Dee in Berlin. Die Küchenchefin Dalad Kombhu bietet dort thailändische Küche mit regionalen Zutaten an. Beispielsweise kreierte sie ihren Green-Papaya-Salat mit Kohlrabi.

Man kann heimische und saisonale Produkte hervorragend mit anderen Küchentechniken oder Gewürzen aus anderen Kulturen kombinieren. Ich glaube nicht, dass das sich gegenseitig ausschließt. 

Die Pandemie hat uns auch gezeigt wie wichtig nachhaltiges Handeln generell ist. Ich spüre auch eine neue Nähe zu den Produzenten und ein großes Interesse dafür, wo die Produkte herkommen und wie diese angebaut werden. Märkte sind anscheinend der neue Treffpunkt in einer Zeit in der die Restaurants geschlossen sind. Man kommt ins Gespräch mit den Erzeugern. Man beschäftigt sich mehr mit den Zutaten als früher.

B.St.: Gemeinsam mit der XU Group hat das Team der Berlin Food Week eine 100% digitale Weiterbildung für das Gastgewerbe entwickelt.

Was bieten Sie an?

A.L.: Es handelt sich um eine digitale Weiterbildung, die man online von zu Hause machen kann. Dabei werden alle wichtigen Themen behandelt, die die Branche in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Im Fokus stehen die Digitalisierung und die Megatrends Nachhaltigkeit und Regionalität und die Frage, wie diese in den praktischen Arbeitsablauf bei Hotels, Restaurants und Cafés, bei Caterern und in Kantinen integriert werden können. Wie können die Betriebe und die Teilnehmer davon profitieren.

Den Themen haben wir uns ganzheitlich genähert, also in allen betrieblichen Bereichen. Das geht von der Küche, Bar oder dem Service bis zur Organisation. Wir zeigen konkrete Tipps und Tricks und Tools, mir denen man arbeiten kann. Ergänzt wird das Angebot durch den Schwerpunkt Marketing und Kommunikation. Immer im Blick sind dabei natürlich die digitalen Komponenten.

B.St.: Wie wird diese Art der Weiterbildung von der Branche angenommen?

A.L.: Die ersten Teilnehmer starten am 15. Februar 2021. Das Feedback ist derzeit sehr gut. Allerdings ist es auch eine Herausforderung die potentiellen Teilnehmer derzeit alle zu erreichen und zu motivieren. Da sind die Unternehmer und Teamleiter gefragt. 

 Die Branche, und das ist mein Eindruck, hat allerdings erkannt wie wichtig es ist sich digital aufzustellen und wie wichtig es ist, sich auf das was die Gäste einfordern auch einzustellen. Die Erkenntnis, dass man für die Zukunft besser gerüstet ist wenn man sich digital und nachhaltig gut aufstellt, ist reichlich vorhanden.

Die Möglichkeiten der digitalen Weiterbildung im Gastgewerbe sind eigentlich recht überschaubar. Dabei ist die Tatsache, die Weiterbildung fördern zu lassen nicht zu unterschätzen. Das ist schon ein wichtiger Faktor.

Wir spüren schon eine gewisse Anerkennung für die Bedeutung dieses Themas.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch erwähnen, dass die Kosten für Onlinequalifizierungen nach dem Arbeit-von-morgen-Gesetz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Das ist insofern interessant, da Menschen die sich in Kurzarbeit befinden, zur Weiterbildung verpflichtet sind.

B.St.: Ist dieses Angebot auf Berlin begrenzt oder deutschlandweit?

A.L.: Das Angebot gilt für ganz Deutschland. Jeder kann mitmachen.

Natürlich benötigt man das Einverständnis des Arbeitgebers soweit man sich derzeit in Kurzarbeit befindet. Für die Kostenübernahme muss man die Bundesagentur für Arbeit kontaktieren. Ansonsten kann jeder mitmachen. Ob Kurzarbeiter, Arbeitssuchender, man kann das für sich selbst buchen oder über den Betrieb. Von der XU-Group gibt es hierzu eine Hotline, die Beratung erteilt. Dort erhält man auch Tipps für den richtigen Förderweg.

B.St.: Während des letzen Jahres hat man sehr viel über Kitas und Schulen gesprochen. Wie sieht es mit den Auszubildenden im Gastgewerbe aus? Hier habe ich noch keine Lobby gefunden. Haben Sie darüber auch Erkenntnisse?

A.L.: Bei dieser Frage muss ich leider passen. Hierüber habe ich keine Erkenntnisse. 

Natürlich hört man von der Branche von Fachkräftemangel und dass die Ausbildung eine gewisse Erneuerung benötigt. Diese Problematik ist in der Krise, verbunden mit den Existenzängsten der Unternehmer und Mitarbeiter, bestimmt noch komplexer geworden. Es ist schwieriger geworden, Menschen für diese Berufe zu begeistern. Dass dies eine große Herausforderung ist, haben Sie bestimmt auch schon gehört.

B.St.: Ist das digitale Weiterbildungsangebot eine dauerhafte Einrichtung oder endet dies nach einer gewissen Zeit?

A.L.: Das Angebot ist eine dauerhafte Einrichtung. Man kann in Ruhe nach den persönlichen zeitlichen Kapazitäten planen. Man kann es einfach durcharbeiten oder in Teilen angehen. Insgesamt werden 120 Stunden Material angeboten. Es sind auch Livesessions im Angebot, wo man auf aktuelle Themen eingehen kann. Natürlich wird der Content regelmäßig aktualisiert.

Es ist insgesamt sehr abwechslungsreich gehalten. Es gibt Artikel, Podcasts, Videos, wir haben unterschiedliche Expertenvideos integriert.

B.St.: Viele Dank Frau Laubrinus, für dieses sehr informative Gespräch.

Zusammenfassung

Das Team der Berlin Food Week und Alexandra Laubrinus haben gemeinsam mit der XU Group das Festival-freie Jahr 2020 genutzt und eine 100% digitale Weiterbildung für das Gastgewerbe entwickelt

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