Interview mit Jana Schellenberg

Im April 2011 hat Jana Schellenberg die Verantwortung als Sommelière im Restaurant Caroussel in Dresden übernommen. Die gebürtige Dresdnerin absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau, sammelte erste Hotelerfahrungen und erwarb im Jahr 2000 das Zertifikat als Sommelière.
Wir hatten vor unserem Restaurantbesuch Gelegenheit mit Jana Schellenberg das folgende Interview zu führen.

Bernhard Steinmann (B.St.): Sie haben eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau gemacht. Ist der Berufszweig Sommelière eine bloße Ergänzung oder Ausdruck Ihrer Begeisterung für Weine.

Jana Schellenberg (J.Sch.): Also ich würde definitiv sagen, das ist ein Ausdruck der Begeisterung für Weine. Ich habe die Ausbildung gemacht und hatte schon in meinem nachfolgenden Arbeitsleben viel mit Wein zu tun. Ich wollte mich dann entsprechend fortbilden und war sehr sehr froh, dass ich die Ausbildung zur Sommeliere machen konnte. Dies wurde mir mit einem Stipendium ermöglicht. Das war im Jahr 2000 und war für mich eigentlich die größte Bereicherung in meinem Arbeitsleben. Das muss ich ganz ehrlich gestehen. Es ist schon eine Berufung, muss man klar sagen.

B.St.: Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf am besten, Wein trinken oder darüber zu reden.

J.Sch.: Beides. Also ich trinke gerne ein Gläschen Wein, das muss ich ganz klar sagen, aber was mir sehr sehr gut an dem Job gefällt ist, dass man sehr viel Kontakt mit unterschiedlichen Menschen haben kann. Mit tollen Menschen. Ob das die Winzer sind, die ich sehr sehr schätze, ob das die Gäste sind, die natürlich viel Interesse für Weine haben, Kollegen, man hat immer etwas zu erzählen. Das ist ein sehr ausdrucksstarker Beruf, man kommt mit vielen Menschen zusammen und der Austausch mit ihnen das ist, was am meisten Spaß macht.

B.St.: Unser Geschmacksorgan Zunge kennt nur 5, allenfalls 6 Geschmacksqualitäten.
Bei der Beschreibung von Wein muss also auf pointierte Lyrik zurückgegriffen werden. Wie bringen Sie dem Gast den Wein näher?

J.Sch.: Also für mich ist es nicht wichtig, die analytischen Werte des Weines dem Gast wiederzugeben sondern für mich ist die Beschreibung des Charakters des Weines wichtig.
Ich versuche auch bei den Gästen herauszufinden, was sie mögen, worauf sie Lust haben. Dann erzähle ich dem Gast von wo der Wein kommt. Der Ursprung, wer ihn gemacht hat, welche Idee des Winzers hinter dem Wein steckt. Welchen Einfluss hat die geografische Herkunft, wie waren die klimatischen Bedingungen des Jahrgangs. Ich versuche natürlich auch die Aromen zu des Weines zu erklären, die Mineralität, die Frucht. Das ist das wovon ich denke, dass es wichtig ist und dass es den Gast am meisten interessieren könnte.

Jana Schellenberg (Foto: Bernhard Steinmann)

B.St.: Kann man einen guten Wein am Preis erkennen?

J.Sch.: Nein, nein. Ich denke, wenn man blind Weine probiert spielt der Preis nicht wirklich eine Rolle. Ich muss natürlich dazu sagen, dass ein Wein für ein oder zwei Euro natürlich nicht den größten Qualitätsanspruch haben kann. Wenn man z. B. die Flasche wegrechnet, das Etikett, den Korken, dann stellt sich natürlich die Frage, was soll da noch an Qualität in der Flasche sein.

B.St.: Wir haben nun schon angerissen, wie Sie Wein für die Gäste auswählen, deren Vorlieben Sie nicht kennen und die Sie dennoch in Einklang mit den Speisen bringen müssen.
Zwecks Abfrage von Vorlieben hat mir einmal eine Sommeliere in einem Sternerestaurant die Frage gestellt: „Eckig oder rund?“. Halten Sie dies für ausreichend?

J.Sch.: Nein, überhaupt nicht. Ich frage eher danach, was der Gast normalerweise gerne trinkt. Ich frage danach, ob es gerne kräftig oder frisch sein soll, ob Säure ein Problem ist, ob sie sich überraschen lassen wollen oder ob sie etwa gerne bereits bekannte Weine trinken möchten. Also ich versuche das schon so im Gespräch mit den Gästen aufzubauen um herauszufinden wohin es gehen soll. Wir haben eine Weinkarte die mit vielen Positionen bestückt ist und da gibt es auch für jeden den passenden Wein.

B.St.: Bio-Wein, Öko-Wein, alles auf der Grundlage möglichst naturschonender Pflegemaßnahmen liegt im Trend. Haben Sie Weine aus biologisch-dynamischem Weinanbau im Angebot?

J.Sch.: Selbstverständlich. Ich arbeite sehr gerne mit bio-dynamischen Winzern. Ich war auch schon auf Weinreisen zum Thema Biodynamik unterwegs. Ich finde das auch sehr, sehr spannend. Ich würde jetzt nicht unbedingt einen Wein nur deshalb auswählen, weil er biodynamisch ist oder nicht. Für mich spielt die Qualität im Glas die entscheidende Rolle. Aber ich begrüße das ausdrücklich, weil das für die Natur, die Umwelt großartig ist und die Winzer meistens eine Idee dahinter haben, wenn sie den Wein biodynamisch ausbauen. Ich habe jede Menge davon auf der Karte.

B.St.: Vor einigen Jahren haben sogenannte „Konzeptweine“ damit begonnen die Regale zu erobern. Weine bei denen Produktmerkmale wie Herkunftsland, Anbaugebiet, Lage, ja sogar Rebsorte und Jahrgang nur untergeordnete Rollen spielen. Beispielhaft nenne ich einmal „Ursprung“, „Black Print“, „Schweißtröpfchen“, „Fabelhaft“ oder „Blutsbruder“. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

J.Sch.: Also ich denke schon, dass grundsätzlich die Lage, die Herkunft, der Winzer, eine große Rolle spielen. Aber es gibt für diese Weine einen großen Markt. Es gibt viele Gäste die diese Plakativität der Weine gerne mögen und deshalb würde ich das nie verurteilen. Ich finde das in Ordnung und es sind Weine die sich nicht nur gut verkaufen sondern durchaus auch gute Qualitäten haben.
Ich finde das hat alles seine Berechtigung.

B.St.: In Sachsen gibt es etwa 33 Weinbaubetriebe im Haupterwerb.
99 Prozent aller sächsischen Winzer sind Kleinwinzer. Das Elbtal lockt mit günstigem Klima. Ist Sachsen als Weinland unterbewertet oder hat es in den letzten Jahren merklich aufgeholt?

J.Sch.: Sachsen hat auf jeden Fall merklich aufgeholt. In der Qualität der Weine, am Ideenreichtum der Winzer, auch dass sich viele kleine Winzer mit 1 1/2 Hektar gefunden haben.
Natürlich kennt nicht jeder sächsische Weine. Das ist natürlich ein Punkt wo wir im Restaurant viel Bedarf haben nachzuhelfen. Den Gästen den Wein zu empfehlen und ihnen nahezubringen. Die meisten die ihn probiert haben sind sehr zufrieden damit, sind oft sehr überrascht und das finde ich dann großartig. Wenn die Gäste sagen, super, da haben wir was tolles entdeckt und dann zum Winzer fahren und die Weine gleich kaufen und mitnehmen. Das freut mich.
Das Anbaugebiet ist so klein und wir hatten auch sehr viele schlechte Jahrgänge. Es wird ein relativ hoher Preis für eine Flasche hier in der Region erzielt. Dennoch ist er immer sehr schnell ausverkauft. Die Winzer haben zum Glück keine Abnahmeprobleme. Wir in der Gastronomie tun unser Möglichstes dazu und empfehlen die Weine gerne und servieren sie zum Essen, in der Weinbegleitung und zu Veranstaltungen.

B.St.: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

 

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