Steinheuers Restaurant „Zur Alten Post“

Steinheuers Restaurant „Zur Alten Post“,

so lautet die korrekte Bezeichnung des Gourmetrestaurants von Hans Stefan Steinheuer in Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ortsteil Heppingen. Soviel Zeit muss sein.

Hans Stefan Steinheuer ist einer der besten Köche in Deutschland. Dafür sprechen u.a. zwei Michelinsterne und 19 Punkte bei Gault&Millau Deutschland. Er begann seine Lehr-Stationen 1976 im Restaurant “Gut Schwarzenbruch” /Stolberg, war 1978 und 1979 im Hotel Erbprinz in Ettlingen tätig und 1981 bis 1984 in den legendären Schweizer Stuben in Wertheim bei den Müllers, wo er auch als Stellvertreter von Dieter Müller agierte. Mit der Eröffnung von Steinheuers Restaurant in Heppingen führte sein Weg allmählich in die Spitze der deutschen Kochelite.

Im Jahr 2013 waren wir zuletzt vor Ort. Der Küchenstil hat eine leichte Veränderung erfahren. Zwar bestechen die Gerichte noch immer mit der gewohnt geschmacklichen Wucht, doch sie sind weniger opulent konzipiert. Etwas feiner, etwas moderner, ohne übertrieben puristisch zu wirken. Meiner Meinung nach ist dies dem zunehmenden Einfluss von Chef de Cuisine Christian Binder geschuldet.

Binder hat bereits einige interessante Stationen hinter sich. U. a. machte er Praktika bei Johannes King auf Sylt und bei Kolja Kleeberg in Berlin. Schließlich folgte die Ausbildung bei Michael Hoffmann im Berliner Margaux. Nach weiteren Stationen, darunter auch bei Hans Stefan Steinheuer, führte sein Weg zu Nils Henkel nach Lerbach. Nachdem das Gourmetrestaurant im Schlosshotel Lerbach geschlossen wurde, kehrte er mit seiner Partnerin und heutigen Ehefrau Désirée Steinheuer nach Heppingen zurück.

Sommelière Désirée Steinheuer, habe ich weniger als Ergänzung sondern vielmehr als Verstärkung des Teams wahrgenommen. Dazu später mehr.

Das Restaurant ist an diesem Abend fast ausgebucht. Zwei Menüs stehen zur Auswahl, wir entscheiden uns für die „Tradition“, ordern ein Glas Champagner und schon geht es los mit den Amuse Gueules.

Tapioka-Chips mit Apfel, Matjes und Crème fraîche

Krustentierconsommé mit Crostini, Muscheln und Paprika

Schweinebauch mit Birnenblüte und Senf

Laacher-See-Felchen mit Blumenkohl und Waldsauerklee

Der Fisch kommt in verschiedenen Zubereitungsarten auf den Teller und erfüllt alle Voraussetzungen für einen regulären Gang.
Wer erwartet, dass die Küche mit donnernden Paukenschlägen ein Amuse Bouche-Feuerwerk entzündet, ist an der falschen Adresse. Hier wird ernsthaft eine Küche zelebriert, deren Zutatenliste noch überschaubar und deren Geschmacksbilder differenziert und feinfühlig austariert sind.

Gänseleber mit Pfeffer, Kaffee und Milch

u. a. als Terrine und gebraten. In der Mitte eine schmackhafte Kugel.
Eine sowohl handwerklich als auch geschmacklich gute Kreation.

Jakobsmuschel mit Fenchel und Kräuter-Zitrus-Emulsion

Die Jakobsmuschel ist von sehr guter Qualität und findet im Fenchel eine traditionelle Begleitung. Ein Sonderlob gibt es für die Kräuter-Zitrus-Emulsion mit überaus dezenten Säurenoten.

Wolfsbarsch mit eingelegter Zucchini, Sepia und Sauce Choron

Die Sauce Choron, eine Variante der Sauce béarnaise, ist ein idealer Begleiter des perfekt gegarten Fisches. Krosse Haut und zartes Fleisch korrespondieren vortrefflich mit den weiteren Komponenten. Den hervorragenden Produkten wir das volle Aroma entlockt.

Man gerät leicht in die Versuchung, Anleihen der französischen Klassik entdecken zu wollen. Doch hier ist Vorsicht geboten. Steinheuer kreiert in erster Linie deutsche Küche, bei der ein bisschen Frankreich natürlich immer mitspielt.
Die Küche hat darüber hinaus einen stark regional geprägten Bezugspunkt. Viele Gemüse werden im eigenen Garten gezogen. Während derzeit für so manchen Koch die Regionalität zum Selbstzweck wird oder als reines Marketingkonzept ähnlich einer Monstranz vorangetragen wird, gehört sie bei Steinheuer seit vielen Jahren zum Alltag.

Kalbsbries mit Kalbskopf und Sellerie

Sellerie als Würzbasis ist ein gerne eingesetztes Gemüse. Auch in diesem Gericht übernimmt es eine tragende Rolle, ohne Kalbsbries und Kalbskopf in wirkungsarme Nebenrollen zu drängen.

Eifler Lamm mit Artischocken, Bohnen und Chicorée

Der Hauptgang ist gut gemacht, die einzelnen Komponenten passen hervorragend zueinander und geschmacklich ist alles so wie erwartet.
Der Gang ist insgesamt sehr bodenständig, das Handwerk dominiert, die Kreativität ordnet sich etwas unter.

Aprikose mit Reis und Verveineeis

Pâtisserie: Earl Grey und Yuzu Limone
Schokolade-Minze-Diamant
Giwara Kakao Praline mit Earl Grey
Earl Grey Canneles
Yuzu-Praline
Operaschnitte von Earl Grey und Yuzu

Wein und Service:

Natürlich musste es ein Wein von der Ahr sein. Das Weinanbaugebiet Ahr ist vor allem für seine Rotweine bekannt. Schließlich ist es das größte geschlossene Weinanbaugebiet für Rotwein in Deutschland. Nur ca 12 % Weißweinreben werden angebaut. Es sollte aber heute ein Weißwein sein, was allerdings nur scheinbar Probleme bereitete. Wir wurden schnell bei Meyer-Näkel fündig und entschieden uns für einen Weißburgunder SR aus dem Jahr 2014.
Ein finessenreicher, feinfruchtiger Tropfen, im Barrique-Fass ausgebaut.

Die Auswahl des Rotweines legten wir in die bewährten Hände der Sommelière Désirée Steinheuer. Zunächst fragte sie uns nach unseren Vorlieben um uns anschließend einen hervorragenden Château Lagrange Pomerol AOC 1998 zu empfehlen. Nachdem die Gläser hinreichend aviniert waren, konnten wir den weichen und vollmundig am Gaumen liegenden Wein genießen, der mit einer wunderbar ausbalancierten aromatischen Länge überzeugen konnte.

Gabriele Steinheuer trug, wie der gesamte Service zum Wohlbefinden bei. Alle waren freundlich, professionell und überaus engagiert.
Dennoch möchte ich einen Kritikpunkt nicht auslassen. Bis zum Wolfsbarsch war die Taktung der Gänge sehr gut, danach kamen leider zähe Längen auf, was sicherlich am gut besuchten Restaurant lag und damit die Küche in Verzug geraten ließ.
Zugegeben, das klingt wie Meckern auf hohem Niveau, soll aber dennoch nicht unerwähnt bleiben.

FAZIT:

Hans Stefan Steinheuer gehört zurecht zu den besten Köchen in unserem Land. Produktqualität und Geschmack bilden das Zentrum der Küche. Das Ergebnis ist eine Küche, die das Experimentalstudium vor vielen Jahren hinter sich gelassen hat, auf Bewährtes setzt, also konservative Noten nicht leugnet, mit Bedacht modernisiert und vor allem die Gästezufriedenheit im Blick hat.

Hinzu kommt die souveräne Gelassenheit eines kreativen Koches, der befreit gestalten kann, ohne ständig verkrampft nach dem dritten Stern schielen zu müssen. Die Einbindung von Christian Binder in die Küchencrew mag vielleicht zum erheblichem Teil der familiären Bindung geschuldet sein, kulinarisch klug war die Entscheidung auf jeden Fall.

Mehr zu Steinhuders Restaurant: http://www.steinheuers.de

Weitere Fotos zum Bericht gibt es auf http://www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de

 

 

 

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