Tanja Grandits

Die kleine Gourmetreise des Berliner Foodjournalisten Bernhard Steinmann in die Schweiz endet mit einem Besuch im Baseler Restaurant Stucki bei Tanja Grandits.

Hans Stucki, der Namensgeber, war einer der größten Köche der Schweiz.
Der Gastronomiekritiker Wolfram Siebeck, selbst eine lebende Legende, hat in einem vielzitierten Nachruf in der „Zeit“ den 1998 verstorbenen Hans Stucki als den „großen alten Mann der Schweizer Gastronomie“ bezeichnet. Stucki kochte „persönlich“ und „nicht imitierbar“. Auf diese Aussage komme ich später noch einmal zurück.

Das Restaurant der, soviel darf jetzt schon gesagt werden, ausgezeichneten Küchenchefin, ist dem Guide Michelin zwei Sterne wert. Dabei war die Küche nicht sofort das Spielfeld von Tanja Grandits. In Albstadt geboren und dort aufgewachsen, studierte sie zunächst einige Semester Chemie, bevor sie im Baiersbronner Hotel Traube Tonbach eine Kochlehre begann. Mit Leidenschaft und Disziplin verfolgte sie ihren Weg. Dieser führte sie zunächst in das Londoner Claridge´s. Als besonders wichtige Station darf das südfranzösische Château de Montcaud in Bagnol-sur-Cèze bezeichnet werden, lernte sie doch dort ihren späteren Ehemann René Graf kennen. Gemeinsam eröffneten sie im Jahr 2001 das Lokal Thurtal in Eschikofen im Kanton Thurgau. Seit 2008 begeistert Tanja Grandits auf dem Bruderholz eine internationale Gästeschar.

Dem Gault&Millau, der ihr den Titel „Koch des Jahres 2014“ verliehen hatte, ist die Küche 18 Punkte wert.

Auch an diesem Abend war es noch recht warm und daher wurde auf der großen Terrasse eingedeckt. Der Empfang war freundlich, wie kann es auch anders sein. Schnell waren alle Tische besetzt. Zum Aperitif wurde ein Tomaten-Tapioka-Chip auf Trüffel-Pastinakencreme gereicht. Kein überragender, jedoch zufriedenstellender Start.

Das Menü:
Röst Tomaten Cocktail, Nelken Tapioka, Shiso Quark
Lachs Sashimi Zimt Salz, Melonen Ceviche, Reis Fritter
Carabinero Rosen Tee, Ofen Zwiebel, Sumac Honig
Avocado Erdnuss Kushi, Verveine Öl, Miso Gurken
Gelbe Karotten Kamillen Lassi, Salz Zitronen, Gersten Granola
Rindsfilet Ingwer Lack, Brombeer Taboulé, Blaukraut Hummus
Brillat Savarin Kardamom Sirup, Sauerampfer, Pesto Cantucci
Rucola Granité, grüne Mango, Olivenöl Mousse
Pfirsich Karamell Panna Cotta, Fenchel Salat, Brioche Krokant

Aromaküche.
So nennt Tanja Grandits selbst ihre kulinarische Ausrichtung.
Dahinter verbergen sich unglaublich leichte, aromenreiche Kreationen mit einer Vielzahl von Zutaten. Diese Zutaten mögen nicht immer einzeln wahrnehmbar sein, in der Gesamtheit verzaubern sie jedoch kraftvoll und mit unglaublicher Harmonie.
Eine noch so detaillierte Beschreibung der einzelnen Gänge, eine Aufzählung der Zutaten
und wortreiche Erklärungen über den Geschmack können nur unzureichend das Gebotene darstellen.

Aromaküche.
Im Stucki ist dies ein unverkennbares Markenzeichen. Durchdachte Kreationen, die Hinführung auf bestimmte Effekte, auf ein besonderes Zusammenspiel, auf einen typischen Eigengeschmack, all das ist uns sattsam bekannt.
Tanja Grandits fügt noch einen weiteren Baustein hinzu: Farben.
Nicht bunt. Wo kämen wir da hin.
Die Farbgestaltung ist nicht zufällig. Ausschlaggebend ist die Hauptkomponente und die Hauptgeschmackrichtung. Hinzu kommen aufregende Kombinationen von Würze, Süße, Säure, Gegensätze, reizvolle Kontraste. Eine Zutatenliste, die schon mal fast an 30 verschiedene Komponenten heranreicht. Dennoch wird unaufgeregt arrangiert.
Grandits ist jedoch keinesfalls eine „Food Designerin“. Sie ist Köchin, mit Herz und Seele.

FAZIT:
Hans Stucki kochte persönlich und nicht imitierbar, so habe ich am Anfang des Berichtes Wolfram Siebeck zitiert.
Dies gilt mit kleinen Einschränkungen auch für Tanja Grandits, die Hans Stucki im Übrigen nie getroffen hat. Persönlich, das kann ich auf jeden Fall attestieren. Imitierbar ist jedoch heute so ziemlich alles. Mal schauen, wo wir demnächst diesbezüglich fündig werden.

Tanja Grandits experimentiert mit Geschmacksrichtungen und Farben und versucht beständig Neues zu kreieren. Sie steht hier nicht für eine Modeerscheinung. Sie steht für eine tiefgreifende und nachhaltige Entwicklung. Sie steht für gutes Essen.
Sie hat uns an diesem Abend begeistert. Meiner Meinung nach öffnet sie der Hochküche eine neue Tür.

Den vollständigen und bebilderten Bericht gibt es wie immer auf www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de

Sende
Benutzer-Bewertung
5 (3 Stimmen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.