Geschmack durch Erwartungen beeinflusst

Nach dem Motto “teurer gleich besser” greifen viele Menschen zu teurem Wein, selbst wenn er sich qualitativ nicht von günstigeren Produkten unterscheidet. Wie sehr sich der Konsument von Preis und Marke beeindrucken lässt, hängt von bestimmten Gehirnstrukturen und damit auch seiner Persönlichkeit ab. Das lässt eine Studie der Universität Bonn und der INSEAD-Business School in Frankreich vermuten, für die mehrere Versuche durchgeführt wurden.

Die Wissenschaftler luden die Probanden unter anderem zu einer Weinverkostung ein: Ein identisches Produkt wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, und die knapp 250 Teilnehmer sollten angeben, welcher Wein am besten schmeckte. Zusätzlich wurde mit Hilfe eines Kernspintomographen erfasst, wie stark verschiedene Gehirnregionen ausgebildet waren.

Viele Verbraucher erwarten, dass die teurere Variante eines Produkts eine höhere Qualität hat. Das erlernte Konzept hat auch Auswirkungen auf das individuelle Genusserlebnis und Konsumverhalten. Dieses Phänomen wird als “Marketing-Placebo-Effekt” beschrieben: Erwartungen an ein Produkt haben eine Wirkung, die nicht auf den Inhalt zurückzuführen ist – wie ein Scheinmedikament in der Medizin.

Der Preis hat Einfluss auf das Geschmacksempfinden, haben die Studienergebnisse bestätigt. Wie stark dieser Effekt ist, hängt offenbar von bestimmten Gehirnstrukturen ab. Probanden mit einem relativ großen Belohnungszentrum im Gehirn (“Striatum”) lassen sich leichter von Preisschildern und Markennamen lenken. Das gilt auch für eher rational betonte Personen, deren “präfrontaler Cortex” (Teil des Frontallappens) stärker ausgebildet ist. Menschen mit einer ausgeprägten Körperwahrnehmung – ersichtlich an der Inselrinde des Gehirns – sind dagegen weniger empfindlich für “Marketing-Placebo-Effekte”.

Die Wissenschaftler betonen, dass Menschen nicht unbedingt mit dieser Eigenschaft geboren werden. Die Gehirnregionen und damit die Anfälligkeit für diesen Effekt entstehen durch Lernprozesse im Laufe des Lebens und nicht nur durch genetische Veranlagung. In weiteren Studien sollen die Zusammenhänge genauer untersucht werden.
Heike Kreutz, www.aid.de

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