Markus Semmler

Der Berliner Foodblogger Bernhard Steinmann vermittelt den Lesern des Gourmet-Reportes diesmal den vollständigen Bericht zum Besuch bei Markus Semmler, Berlin.
Fotos wie immer auf www.bsteinmann-gourmet-unterwegs.de

Berlin hat mittlerweile ein stattliches Angebot an Restaurants im Sternebereich.
Viele davon habe ich Ihnen auf dieser Seite bereits vorgestellt.
Doch klassische Kochkunst oder kreative Avantgarde findet man auch anderswo, man muss nur genau hinsehen.

In der Sächsischen Straße in Berlin-Charlottenburg ist das Restaurant von Markus Semmler beheimatet. Semmler ist in Berlin kein Unbekannter. 1996 wurde er von den Lesern des Magazins „DER FEINSCHMECKER“ zum Aufsteiger des Jahres gewählt und 1998 von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie im Rahmen der „Berliner Meisterkoch“ – Reihe geehrt. In diesem Jahr ist er dort gar für den Titel „Berliner Meisterkoch“ nominiert worden.

Bis er in der Sächsischen Straße ankam, hat er zahlreiche Stationen hinter sich gebracht.
Uns interessiert vor allen Dingen die Gegenwart und die zu erwartende Zukunft.
Daher wenden wir uns dem Restaurantbesuch zu.

Nach freundlichem Empfang und einem gelungenen Einstieg mit einem Glas Champagner, Gosset aus der Magnum, wählen wir – Mein „kohlenhydratarmes“ Menü -. Na gut.

Der Gruß aus der Küche:
Scharf angeröstete Melone, Melonensalat mit Schafskäse und ein Melonensorbet.
Leicht, mit Olivenöl verfeinert, startet das Menü süß, kalt und fruchtig. Einfach wunderbar.

Schwertfischcarpaccio, Wildkräuterdrops schwarzer Knoblauch.
Hauchdünne Scheiben von Radieschen auf einem erlesenen Schwertfischcarpaccio.
Die hohe Qualität der Komponenten bestimmt auch das weitere Menü.

Ein wirklich kleiner Wildkräutersalat und ein beeindruckender Wildkräuterdrops runden den Gang ab. Genial, schwarzer Knoblauch als Paste.

Wildwassergarnele, Topinamburcreme, Enokipilze, Sojareduktion
Das feste Fleisch der Garnele harmoniert mit der dezenten Süße der Topinamburcreme.

Der Gemeine Samtfußrübling kommt in kalten und gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel vor und ist ein typischer „Winterpilz“. Schon in der Tang-Dynastie wurde er in China angebaut. Die japanische Küche hat er unter dem Namen Enoki erobert.
Sein nussiges Aroma veredelt die Garnele, während die Würze der Sojareduktion das Geschmacksbild vollendet.

Rochenflügel, geschmolzene Tomate, Kapern, Kartoffel – Kräuter – Kräcker
Der magere Knorpelfisch ist mit dem Hai verwandt und im Geschmack, na ja, eher unauffällig. Bei zahlreichen Gelegenheiten durfte ich diesen Raubfisch schon genießen. Markus Semmler begleitet den Rochenflügel mit einem Petersilienpüree und Petersiliencräckern. Die angegossene Tomatenessenz verleiht dem Gericht eine milde und elegante süße Note.

Wildperlhuhnbrust, Pfifferlinge, Lardo, Schnittlauch
Wunderbar zartes Fleisch, welches durch hauchdünne, fast durchsichtige Lardoscheibchen den besonderen Kick erhält.
Erneut eine süße Note, diesmal von den Karotten und als Gegenpol die intensiven, leicht erdigen Pilze. Nicht nur der Optik wegen sind, äußert sparsam zwar, einige wohlschmeckende Schnittlauchtupfer (Creme) zur Begleitung auserkoren.

Rehrücken, geräucherter Sellerie, wilder Brokkoli Pfifferlinge, Kirschgel
Das Wild schmeckt, wie erwartet, herzhaft und kräftig.
Die Gelegenheit, den Oberlehrer wieder einmal zu Rate zu ziehen.
Um den Fleischgeschmack zu beschreiben, greifen wir auf den Japaner Kikunae Ikeda zurück, der 1908 die Bezeichnung „Umami“ als Erster beschrieben hat. Der Geschmack wird durch Glutaminsäure verursacht, welche in proteinhaltiger Nahrung in kleinen Mengen vorkommt. (z.B. in Fleisch, aber auch in Tomaten).
Umami bekommt in diesem Gericht einen kongenialen Koalitionspartner: Kirsche.
Die intensiven Fruchtnoten, die erdigen Pfifferlinge, der geräucherte Sellerie und der schon mal als „Weibergemüse“ bezeichnete Brokkoli ergeben ein interessantes Geschmacksbild. Eine auf den ersten Blick kompliziert wirkende Kreation ist letztlich auf Beste kombiniert.

Pfirsich, Himbeere, Ziegenfrischkäse, geräucherter Tee
Im Fazit dieses Berichts sollte die Tatsache Erwähnung finden, dass Markus Semmler Opulenz eigentlich fremd ist. Doch bei diesem Dessert, trifft dies letztlich nicht zu.
In Erinnerung bleibt der ausgeprägte Geschmack der aufgeführten Komponenten, die zu meiner Freude mit gerade mal dezenter Süße auffallen.

Service und Wein:
Andrea Güttes, 2013 als Berliner Gastgeber von Berlin Partner ausgezeichnet, moderiert den Abend kundig, freundlich und professionell.
Die Weinbegleitung ist passend zum Menü ausgewählt.

2012 Dittelsheimer Riesling „Kalkstein“, Weingut Winter, Rheinhessen
2012 Grüner Veltliner Sand 1, Weingut Anton Zöhrer, Kremstag
2013 Binger Weißburgunder „Tommergel“, Weingut Riffel, Rheinhessen
2009 Brunello di Montalcino DOCG, Angelo Gaja, Italien

Fazit:
Deutlich liegt das Augenmerk der Küche auf allen, auch noch so kleinen, Details. Nichts geschieht zufällig oder impulsiv. Semmler adelt die Hauptkomponente mit schmackhaften Begleitungern, welche gustatorisch unterstützen, aber auch aromatisch eigenständig auftreten.

Eine Nähe zur bürgerlichen Küche würde ich ihm gerne attestieren, jedoch dürfte dies schnell missverstanden werden. Bürgerlich, im französischen Sinne, dürfte zumindest von erfahreneren Gourmets verstanden werden.
Semmler kocht modern, auch avantgardistisch, richtet puristisch an und bleibt nachhaltig in Erinnerung.

Weitere Fotos älterer Semmler Menüs finden Sie auf dem Gourmet Report auf Facebook: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.10151719543498124.1073741869.168996673123&type=3

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