Chakall – Der mit dem Hund kocht

Text: Karl August Ebster, Oscars

Wenn der argentinische Turban-Koch in Portugal irgendwo auftaucht, ist er sofort von Autogrammjägern und Fans umringt. Mit seiner witzigen TV-Kochshow, in der er mit seinem schwarzen Hund Pulga in seinem orangen, dreirädrigen Piaggio-Mobil, das auch seine Küche ist, durch die Lande kurvt, um gastronomische Abenteuer zu bestehen, haben es Chakall & Pulga zu Popstar-Status gebracht. Chakalls Biografie liest sich wie ein Abenteuerroman und des wilden Hundes neuester LieblinGsknochen ist sein Restaurant „Sudaka“ in Berlin, das Chakall, der eigentlich Eduardo Andrés Lopez heißt, vor kurzem im Stadtteil Schöneberg eröffnet hat.

Chakallaka! Mit seinen blau funkelnden Augen, dem bunten Turban und seinem orientalischen Outfit-Mix zwischen Puma-Trainingsjacke, Sandalen und Schlabber-Sackhose erinnert der gebürtige Argentinier Chakall ein bisschen an Sindbad den Seefahrer. Und in der Tat, der quirlige Tausendsassa, der auch sechseinhalb Sprachen spricht, bereiste über 100 Länder und lässt sich sehr schwer einordnen. Mit seinem Vornamen Eduardo spricht ihn seit ewig kein Mensch mehr an, nicht einmal sein Hund wüsste, wer gemeint ist. Vor mehr als 20 Jahren wurde er mit dem Nicknamen Chakall gebrandet. So wie einem argentinischen Rind die glühenden Initialen der Farm ins Fell gebrannt werden, zu dem es gehört. Der Schakal – der Wilde – immer unterwegs, lauernd und suchend auf Beutezug. Chakall ist aber auch Kosmopolit, Starkoch, Showman, Entertainer, DJ, Geschäftsmann, Familienvater, Lebenskünstler, Witzbold, Visionär, Träumer – und die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.

Man nehme alle diese Eigenschaften, Talente, oder wie auch immer man es nennen möge, gebe es in einen 1000 und eine Nacht-Mixer und heraus kommt: Eduardo A. Lopez, genannt „Chakall“. Seine kulturellen Wurzeln sind ebenso viel­fältig, und die Ahnentafel wäre für jeden Forscher eine große Herausforderung. Chakalls Vorfahren sind galizischer, deutsch-schweizerischer, französisch-baskischer, italienischer und argentinischer Herkunft. Sogar argentinische Indianer sollen sich in der näheren Blutlinie befinden.

Seine Großmutter und sein Großvater waren Köche. Mutter und Vater Lopez trennten sich sehr früh, aber jeder hatte ein eigenes Restaurant in Buenos Aires. Der junge Chakall verdiente seine ersten Dineros bei Mama und Papa im Restaurant. Das Hin und Her hatte er eher als willkommene Abwechslung empfunden, Eintönigkeit war schon damals nicht das Seine. Mit zarten 15 Jahren agierte Chakall als Küchenchef in
Mamas Restaurant und dirigierte 20 Mitarbeiter. Das sei immer sehr lustig gewesen, erinnert er sich heute lachend und auf Portugiesisch fluchend an
diese Zeit.

Mit 18 treibt es den unbändigen Eduardo in die Medienbranche, er studiert an der Universität Salvador in Argentinien Journalismus, jobbt nebenbei für einige Tageszeitungen und arbeitet erfolgreich als Musikredakteur beim bekannten Magazin Rolling Stones. Der Schreiberling wurde aber zunehmend von Fernweh geplagt. Nächtelang träumte er von einer abenteuerlichen Tour durch Afrika mit einem Landrover. 1998 war es dann soweit. Chakall machte sich auf, um die Welt zu erkunden – auch ganz Südamerika stand auf der „Tour de Chakall“. Vor allem die Zeit in Afrika sollte ihn für sein ganzes Leben prägen. „Ich hatte teilweise mehr Kalaschnikows am Kopf, als ich Kilometer am Tag mit meinem Jeep in der Botanik herumklapperte“, erinnert sich der wilde Hund an die Himmelfahrtskommandos ähnlichen Fahrten durch afrikanische Kriegsgebiete. Bis heute ist ihm der Turban geblieben und ist neben seinem treuen tierischen Weggefährten, dem schwarzen Sub-Koch Pulga, zu einem Markenzeichen geworden.

Den heute 10-jährigen Pulga hatte Chakall bei einer Pinkelpause auf der Autobahn irgendwo mitten in der Nacht in Portugal als Welpe aufgelesen. „Plötzlich entdeckte ich unter der Leitplanke im nassen Gras einen kleinen, zerzausten, völlig verängstigten Köter kauern, der anscheinend seine Familie verloren hat oder ausgesetzt wurde. Ich steckte den mit Flöhen übersäten Racker in meine Jacke und nahm ihn mit nach Hause. Wegen den Flöhen hat er auch seinen Namen bekommen, Pulga bedeutet auf Portugiesisch Floh.

In Afrika war es auch, als der bunte Hund Chakall seine Leidenschaft fürs Kochen wieder neu entflammte. Rein aus Spaß veranstaltete Chakall auf Wochen-Märkten Kochshows für Kinder. Entertainment und Kochen – das war es, was dem Spaßvogel am meisten Freude bereitet.

Mit null Euro in der Tasche kehrt Chakall im Jahr 2000 nach Portugal zurück und beschloss, ein eigenes Restaurant aufzumachen. Gesagt, getan: Trotz kreisendem Pleitegeier schaffte es der ehrgeizige Chakall in kürzester Zeit, nicht nur eins, sondern zwei Restaurants und eine Catering-Firma erfolgreich auf die Beine zu stellen. Mittlerweile stehen auch die TV-Stationen beim Turban-Mann Schlange. 250 Flüge habe er 2012 absolviert, 1000 Turbane in seinem Leben schon gekauft und mindestens 700 davon verloren.

In China haben Chakall & Pulga eine erfolgreiche Fern­sehserie mit dem Namen „Walking Chopsticks“. Pulga ist auch bei diesen Gourmet-Erlebnisreisen der treue Begleiter von Chakall, wobei Pulga in der Serie in Sprechblasen seine schlauen hündischen Kommentare zu Chakalls Ausführungen gibt und damit für viel Schmunzeln sorgt.

Neben den zwei Restaurants in Portugal, eines davon ist das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete „QuintaDosFrades“, hat Chakall kürzlich in Berlin sein neuestes Projekt verwirklicht. Auf 300 Quadratmetern soll der Gast mit 85 Sitzplätzen genügend Raum für gemütlichen Genuss von südamerikanischen Speisen zur Verfügung haben. Entstanden ist das SUDAKA, dessen Wortbedeutung eigentlich ein Schimpfwort unter den Spaniern für zugereiste Südamerikaner ist, ganz nach den Design-Plänen von Chakall und seiner Lebensgefährtin Svenja, mit der der Weltenbummler zwei Töchter und einen Sohn hat.

Aber wie sieht die Küche des Chakall eigentlich aus? „Ich nenne es Essen, das von vielen Ecken der Welt inspiriert wurde, aus meinen Lieblings-Produkten entsteht und jeden Tag neu auf den Tisch kommt. Ich muss immer improvisieren – jeden Tag“, so der Kosmopolit, der mit seiner Familie jetzt in Berlin seine Zelte aufgeschlagen hat.

„Bist du ein Künstler“, frage ich Chakall? Ein lachendes „Nein!“ kommt als Antwort, „nein ich bin kein Künstler. Ich bin eigentlich wie ein Mixer. Mein Blut alleine ist schon ein Kulturcocktail – gib mir Musik und ich mixe den Sound mit Latino-Einflüssen. Gib mir Getränke und ich mixe dir daraus meine Cocktail-Welt. Gib mir Produkte aus aller Welt und ich mixe daraus, was mich inspiriert und mir von den hundert Ländern, in denen ich war, kulinarisch hängengeblieben ist.“

Fast eine halbe Million Euro habe er in sein neues Restaurant reingebuttert. In Berlin will sich Chakall der lateinamerikanischen Fusionsküche widmen. Sein Heiligtum dort ist der massive, original argentinische Grill, bei dem es keine Temperaturanzeige gibt. „Ich grille nach Gefühl, jedes Stück Fleisch ist anders, ich habe eine Waage und einen Temperaturmesser in meinem rechten Arm und meiner Hand eingebaut – die Bluthydraulik ist auf 2-3 Gramm genau“, lacht Chakall und schmeißt die Steaks auf den Grill. Viele Produkte kommen aus Argentinien, vor allem Fleisch, aber auch aus Irland und Spanien wird importiert. Nicht weil diese zu seinen Lieblingsländern gehören, sondern weil es für ihn die besten Zutaten seien. Deshalb ist die Küche auch nicht regional – das ist auch nicht so vom Erfinder gewollt. Vor allem auf das argentinische Fleisch und den Kaffee aus Portugal schwört Chakall wie der neue argentinische Papst auf die Bibel. Serviert werden traditionelle südamerikanische Gerichte, leicht modernisiert, Vegetarisches, aber auch viel Fleisch und Fisch vom Grill. Salate, Ceviche, Empanadas und Soupas zu – wie ich finde – sehr günstigen Preisen.

Im turbanisierten Küchenteam arbeiten langjährige Mitarbeiter Chakalls aus Brasilien, Argentinien, England, Deutschland – Multikulti eben, was hätte man sich anderes erwartet? Das Restaurant SUDAKA verfügt über eine Showküche, in der Chakall gerne herumtänzelnd Musik und Kochen verbindet. „Kochen ist Liebe, wenn du keine Liebe hast, gibt es keinen Geschmack – Kochen ist mein Karma“, sprudelt es in sehr gutem Deutsch aus dem Argentinier. Auf der Weinkarte stehen standesgemäß auch Weine aus ganz Südamerika und Portugal. Zwar haben diese Weine eher ein Fusel-Image, aber im SUDAKA stehen sehr gute Tropfen zur Auswahl.

Was steht sonst noch auf dem Programm des wilden Hundes? Ein neues Kochbuch soll bald in Druck gehen und auch im Fernsehen beim Kabelsender Bon Gusto werden Chakall & Pulga ihre Abenteuer in deutscher Sprache bestreiten – die Sychronisationsarbeiten der portugisischen Produktionen seien bereits in vollem Gange und unter dem Titel „Beef Buddies“ wird Chakall bei ZDF_neo mit zwei anderen Küchen-Haudegen über den Bildschirm flimmern.

SUDAKA
Goltzstrasse 36
D-10178 Berlin-Schöneberg
Tel.: +49 (0)30 21913177
reservierung@sudaka.de
www.sudaka.de

Dieser Artikel erschien zuerst im Oscars – http://www.oscars.li

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