Warum eine eiweißreiche Ernährung Übergewicht vorbeugen kann

Eine eiweißreiche Ernährung kann dabei helfen,
Übergewicht vorzubeugen oder es zu verringern. Doch warum ist dies
so, was passiert im Stoffwechsel? Ein Wissenschaftlerteam des Deutschen
Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) um Susanne Klaus ist diesen
Fragen nachgegangen.

Wie das Team nun am Mausmodell zeigt, führt eine
hohe Aufnahme von Eiweiß oder Eiweißbausteinen zu einer erhöhten
Wasseraufnahme. Diese ist mit einer geringeren Nahrungsaufnahme
verbunden und trägt so dazu bei, Übergewicht vorzubeugen. Zudem wirkt
eine eiweißreiche Kost der Fettneubildung in der Leber entgegen. (Amino
Acids; Freudenberg et al., 2012; DOI 10.1007/s00726-012-1363-2)(1)

Die Anzahl der Menschen mit Übergewicht nimmt weltweit zu und damit
verbunden auch die Anzahl der Personen, die unter den negativen Folgen
des Übergewichts leiden. Daher arbeiten Wissenschaftler und Mediziner
daran, effektive Behandlungsmethoden und Ernährungsstrategien zu
entwickeln, die dazu beitragen, diesen negativen Trend zu stoppen.
Einige Wissenschaftler setzen dabei auf eine eiweißreiche Kost. In der
Tat weisen zahlreiche Untersuchungen darauf hin, dass eine Erhöhung des
Eiweißanteils in der Nahrung oder eine erhöhte Aufnahme bestimmter
Eiweißbausteine besonders bei der heute üblichen, fettreichen
Ernährung (2) helfen können, Übergewicht und einer Leberverfettung
vorzubeugen. Welche Mechanismen diesen Effekten zugrunde liegen, ist
jedoch noch weitgehend unerforscht.

Das Wissenschaftlerteam um Susanne Klaus, Leiterin der
DIfE-Arbeitsgruppe „Physiologie des Energiestoffwechsels“, untersuchte
daher die Wirkung von vier fettreichen Futtermischungen auf den
Körperfettgehalt und den Fettstoffwechsel von Mäusen. Die
Futtermischungen waren entweder mit Eiweiß aus Molke, mit dem
Eiweißbaustein Leucin oder mit dem Eiweißbaustein Alanin
angereichert. Als Kontrolle verwendeten die Forscher ein fettreiches
Futter mit einem normalen Eiweißanteil (3).
Während des gesamten Versuchszeitraums von sieben Tagen registrierten
die Forscher die Wasser- und Nahrungsaufnahme der Tiere. Zudem
bestimmten sie die Änderungen des Körperfettgehaltes mittels
Kernresonanzspektroskopie (NMR) und maßen Veränderungen im
Fettstoffwechsel.

Die Tiere, die das eiweißreiche Futter erhielten, tranken mehr, fraßen
weniger und nahmen im Vergleich zu den Tieren, die ein Futter mit
normalem Eiweißgehalt bekamen, trotz der sehr fettreichen Ernährung
nicht zu. Ebenso wiesen sie deutlich niedrigere Cholesterin- und
Leberfettwerte auf. Zudem war die Fettneubildung in der Leber gebremst.
Bei den Tieren, die mit dem Eiweißbaustein Leucin bzw. Alanin
angereichertes Futter erhielten, waren diese günstigen Effekte nicht so
stark ausgeprägt. Bei allen Tieren bestand jedoch ein enger Zusammenhang
zwischen der Körperfettzunahme, den Leberfettwerten (Triglycerid-Werten)
und der Gesamtenergieaufnahme.

„Bereits fünf Stunden nach der Umstellung auf das eiweißreiche Futter
tranken die Tiere umso mehr und fraßen umso weniger, je mehr
Aminostickstoff (4) sie über die Eiweiße bzw. Eiweißbausteine im Futter
aufnahmen“, erklärt Klaus-Jürgen Petzke, Co-Autor der Studie. Die
Forscher vermuten daher, dass die erhöhte Wasseraufnahme ursächlich für
die sättigende Wirkung des eiweißreichen Futters ist und durch die hohe
Stickstoffaufnahme ausgelöst wird. Denn der Stickstoff muss mit dem Urin
ausgeschieden werden, um eine Vergiftung des Körpers mit Ammoniak zu
vermeiden. Ferner beobachteten die Wissenschaftler, dass sich die beiden
Eiweißbausteine Leucin und Alanin nicht in ihrer Wirkung unterschieden.
Dieses spricht nach Angaben der Forscher dafür, dass die sättigende
Wirkung einer eiweißreichen Kost nicht auf eine bestimmte Art
Eiweißbaustein zurückzuführen ist, sondern generell auf die erhöhte
Stickstoffzufuhr. Hinweise auf einen eiweißbedingten höheren
Energiebedarf des Stoffwechsels fanden die Wissenschaftler nicht.

„Unsere Ergebnisse tragen dazu bei, die Wirkung von Eiweißen und
Eiweißbausteinen auf den lebenden Organismus besser zu verstehen.
Eine wichtige Voraussetzung, um neue Methoden zu entwickeln, die
Übergewicht und ernährungsbedingten Stoffwechselerkrankungen
vorbeugen“, sagt Studienleiterin Susanne Klaus. Weitere
Langzeitstudien seien aber nötig, um die Ergebnisse zu ergänzen und zu
bestätigen.

Hintergrundinformationen:
(1) Originalpublikation: Freudenberg A, Petzke KJ, Klaus S: Dietary
L-leucine and L-alanine supplementation have similar acute effects in
the prevention of high-fat diet-induced obesity. Amino Acids. 2012
(2) Die durchschnittliche Fettzufuhr liegt laut Nationaler
Verzehrsstudie II bei Frauen bei 35 Prozent und bei Männern bei 36
Prozent der Gesamtenergiezufuhr.
(3) Die Forscher untersuchten vier verschiedene fettreiche
Futtermischungen, die alle denselben hohen Fettanteil aufwiesen:
Futtermischung 1: Futter mit einem Fettanteil von 43,1 Prozent, einem
Eiweißanteil von 8,9 Prozent und einem Kohlenhydratanteil von 48,0
Prozent (Kontrolldiät)
Futtermischung 2: Futter mit einem Fettanteil von 43,4 Prozent, einem
Eiweißanteil von 44,8 Prozent und einem Kohlenhydratanteil von 11,9
Prozent
Futtermischung 3: Futter mit einem Fettanteil von 43,1 Prozent, einem
Eiweißanteil von 14,2 Prozent (wobei das Molkeeiweiß mit dem
Eiweißbaustein Leucin ergänzt wurde, dabei entsprach der Leucingehalt
des Futters dem Leucingehalt der Futtermischung 2) und einem
Kohlenhydratanteil von 42,6 Prozent
Futtermischung 4: Futter mit einem Fettanteil von 43,1 Prozent, einem
Eiweißanteil von 12,9 Prozent (wobei das Molkeeiweiß mit dem
Eiweißbaustein Alanin equimolar zum Leucingehalt der Futtermischung 3
ergänzt wurde) und einem Kohlenhydratanteil von 44,0 Prozent

(Werte beziehen sich auf den prozentualen Anteil zur Energiezufuhr)

Warum die Eiweißbausteine Leucin und Alanin untersucht wurden:
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass eine Supplementierung mit
Leucin, ähnlich wie eine eiweißreiche Ernährung, günstige Effekte auf
das Körpergewicht und den Muskelaufbau hat. Zudem nehmen Sportler Leucin
oft in Form von Nahrungsergänzungsmitteln ein, um den Muskelaufbau zu
fördern. Da die Wissenschaftler des DIfE die Spezifität der
Leucinwirkung hinsichtlich der Vermeidung von Übergewicht überprüfen
wollten, untersuchten sie auch die Effekte einer
Alanin-Supplementierung. Die Forscher wählten Alanin als Kontrolle, da
der Alaningehalt im Blut durchschnittlich sehr hoch und weitgehend
unabhängig von der Aufnahme von Nahrungseiweiß ist.

(4) Aminostickstoff: Sämtliche Eiweißmoleküle sind aus Eiweißbausteinen
(Aminosäuren) aufgebaut. Jede Aminosäure verfügt mindestens über eine
stickstoffhaltige Aminogruppe (R-NH2), den so genannten Aminostickstoff.
In der Regel wird beim Abbau der Aminosäuren die Aminogruppe abgespalten
und – damit kein giftiger Ammoniak im Körper freigesetzt wird – in
der Leber in ungiftigen Harnstoff überführt. Dieser kann dann mit dem
Urin über die Niere ausgeschieden werden.

www.dife.de

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