Kaffeetrinken ist nicht mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen verbunden

Ergebnisse der EPIC*-Deutschland-Studie, an der
mehr als 42.600 erwachsene Frauen und Männer aus Potsdam und Heidelberg
teilnehmen, weisen darauf hin, dass Kaffeetrinken nicht das Risiko für
Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen erhöht, sondern sogar mit einem
verminderten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist. Personen, die
täglich mehr als vier Tassen (über 600 ml) koffeinhaltigen Kaffee
konsumierten, hatten im Vergleich zu Personen, die durchschnittlich
weniger als eine Tasse tranken, ein um 23 Prozent verringertes
Typ-2-Diabetes-Risiko. Ein ähnlicher Zusammenhang deutete sich auch für
den Konsum von entkoffeiniertem Kaffee an.

Das Wissenschaftlerteam um Heiner Boeing und Anna Flögel, beide
Ernährungs-Epidemiologen am Deutschen Institut für
Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), veröffentlichte nun
seine Studiendaten in der Fachzeitschrift American Journal of Clinical
Nutrition (Anna Floegel et al.; 2012, 95:1-8;
doi:10.3945/ajcn.111.023648; Link zur Publikation:
http://www.ajcn.org/content/early/2012/02/14/ajcn.111.023648.abstract).
Neben Mitarbeitern des DIfE waren auch Rudolf Kaaks und Birgit Teucher
vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Tobias Pischon
vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch an der
Studie beteiligt.

Kaffee ist weltweit eines der beliebtesten alkoholfreien Getränke und
enthält eine Mixtur aus verschiedenen Inhaltsstoffen. Zu diesen gehören
Koffein, Chlorogensäure sowie weitere Polyphenole, Nikotinsäure und
Mineralstoffe – also Substanzen, die den menschlichen Stoffwechsel
durchaus beeinflussen und die teilweise mit positiven und teilweise mit
negativen Gesundheitseffekten in Verbindung stehen.

Die gesundheitlichen
Effekte des Kaffeekonsums stehen daher immer wieder im Fokus
wissenschaftlicher Untersuchungen, wobei in den meisten Studien oft nur
die Beziehung zwischen Kaffeegenuss und einer Erkrankungsart untersucht
wurde. Das deutsche Forscherteam analysierte nun die Langzeiteffekte des
Kaffeekonsums nicht nur hinsichtlich einer Erkrankung, sondern
hinsichtlich mehrerer chronischer Erkrankungen gleichzeitig.
Prospektive* Langzeit-Bevölkerungsstudien wie die
EPIC-Deutschland-Studie sind hierzu besonders gut geeignet.

Neben den Ernährungs- und Lebensstildaten erfassten und analysierten
die Wissenschaftler auch die medizinischen Daten der
Studienteilnehmer/innen. In der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit
von knapp neun Jahren erkrankten erstmals 1.432 Studienteilnehmer/innen
an Typ-2-Diabetes, 394 erlitten einen Herzinfarkt, 310 erlitten einen
Schlaganfall und 1.801 Teilnehmer erkrankten an Krebs. Verglichen die
Forscher die Daten von Personen, die sehr viel Kaffee tranken, mit den
Daten von Personen mit einem sehr geringen Konsum, so konnten sie keine
Risikoerhöhung für die in den westlichen Industrienationen häufig
auftretenden chronischen Erkrankungen feststellen. Bei Personen, die
viel Kaffee tranken, beobachteten sie sogar ein vermindertes
Typ-2-Diabetes-Risiko.

„Unsere Studienergebnisse decken sich mit den Resultaten aktueller
prospektiver Studien aus den USA“, sagt Erstautorin Anna Flögel. Wer
Kaffee also gut vertrage und ihn gerne trinkt, sollte dies somit auch
weiterhin tun, so die Epidemiologin. Andersherum sollten sich Menschen
aber aufgrund der Ergebnisse nicht genötigt sehen, mit dem Kaffeetrinken
zu beginnen. „Es ist wichtiger, darauf zu achten, ausreichend
Vollkornprodukte, wenig Fleisch sowie viel Obst und Gemüse zu essen,
nicht zu rauchen und sich ausreichend zu bewegen“, ergänzt
Studienleiter Heiner Boeing. Für die Flüssigkeitszufuhr böten sich neben
dem Kaffee auch andere Getränke mit einem geringen Energiegehalt an, wie
Tee und Wasser.

Hintergrundinformation:
*EPIC steht für European Prospective Investigation into Cancer and
Nutrition. Sie ist eine der größten prospektiven („vorausschauenden“)
Studien, welche die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen
chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der
EPIC-Studie sind zehn europäische Länder mit insgesamt 519.000
weiblichen und männlichen Studienteilnehmern im Erwachsenenalter
beteiligt. In Deutschland gehören das Deutsche Krebsforschungszentrum in
Heidelberg sowie das Deutsche Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke zu den EPIC-Studienzentren.
Die Potsdamer EPIC-Teilstudie, die von Heiner Boeing geleitet wird,
schließt mehr als 27.000 Studienteilnehmer/innen ein. Die von Rudolf
Kaaks geleitete Heidelberger Teilstudie verfügt über mehr als 25.000
Studienteilnehmer/innen. Bei der Auswertung einer prospektiven Studie
ist es wichtig, dass die Teilnehmer/innen zu Beginn der Studie noch
nicht an der zu untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für
eine bestimmte Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen,
wodurch eine Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend
verhindert werden kann – ein entscheidender Vorteil gegenüber
retrospektiven Studien.

Kaffeeverbrauch:
Im Jahr 2007 war Finnland das Land mit dem höchsten Kaffeekonsum pro
Kopf. Finnen verbrauchten pro Person durchschnittlich 12 kg Kaffee. In
Deutschland konsumierte die Bevölkerung 6,4 kg pro Einwohner, wohingegen
US-Bürger pro Person etwa 4,2 kg verbrauchten.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen
ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention,
Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln.
Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Das DIfE ist zudem ein Partner
des 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten
Deutschen Zentrums für Diabetesforschung e.V. (DZD).

Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 86 Einrichtungen, die
anwendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissenschaftliche
Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen die
Leibniz-Einrichtungen rund 16.800 Menschen – darunter 7.800
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem Jahresetat von
insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro. Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet
sich durch die Vielfalt der in den Einrichtungen bearbeiteten Themen und
Disziplinen aus. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft bewahren
und erforschen das natürliche und kulturelle Erbe. Darüber hinaus sind
sie Schaufenster der Forschung, Orte des Lernens und der Faszination für
die Wissenschaft. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de

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