Österreichs Wein bringt Wertrekord trotz Mengenminus

Österreichs Wein blickt trotz schwieriger Marktbedingungen auf ein positives Jahr 2010 zurück. Eine niedrige Erntemenge 2009 führte im heimischen Lebensmittelhandel bereits zu Marktanteilsverlusten, vor allem im Preiseinstiegssegment bis 2 €/Flasche. Der Wert konnte erfreulicherweise gehalten werden. Ähnliche Auswirkungen gab es auch auf die Exporte. Die Fassweinausfuhren sind stark zurückgegangen. Der Flaschenweinexport ist dagegen weiterhin auf Erfolgskurs und führt zum höchsten je erzielten Durchschnittspreis von über 2 €/L. Durch die abermals geringe Weinernte 2010, der geschätzten kleinsten seit dem Frostjahr 1985, werden sich diese Trends fortsetzen. Aufgrund der fehlenden Menge ist im nächsten Jahr daher auch mit einem Rückgang der Exporterlöse zu rechnen.

Weniger, aber besserer heimischer Wein im Lebensmitteleinzelhandel

Der österreichische Gesamtweinkonsum liegt laut Erhebung der Statistik Austria stabil bei 2,4 Mio. hl. Ein großer Anteil davon wird in der Gastronomie getrunken, wo der Marktanteil des österreichischen Weins seit vielen Jahrzehnten mehr als 80 Prozent beträgt. Auch der Anteil der Ab-Hof-Verkäufe direkt ab Winzer ist seit einigen Jahren konstant.

Die signifikantesten Änderungen gab es 2010 im Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Dies ist auch der einzige Bereich, aus dem aufgrund genauer Erhebung der Verkäufe über Scanningkassen verlässliche Daten verfügbar sind. Generell sind heimische Weine in diesem Bereich mit ca. 65% Marktanteil sowohl beim Wert als auch bei der Menge weiterhin klarer Marktführer. Aufgrund der geringen Erntemenge im Jahr 2009 (-10%) kam es jedoch zu leichten Marktanteilsverlusten bei der Menge (-1,7 Prozentpunkte) besonders im Einstiegspreissegment von Weinen bis 2 €/Flasche. „Im Bereich der Billigweine haben wir heuer Verluste hinnehmen müssen. Trotzdem konnten wir den Marktanteil beim Wert halten. Das heißt, dass in heimischen Supermärkten jetzt besserer Wein aus Österreich verkauft wird, für den die Konsumenten auch bereit sind mehr zu bezahlen“, kommentiert Willi Klinger, Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing (ÖWM), die Entwicklung.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Gerhard Wohlmuth, Vorsitzender des Wein- und Spirituosenhandels der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ): „Die äußerst geringe Weinernte im Jahr 2010 lässt erwarten, dass sich dieser Trend auch im nächsten Jahr fortsetzt. Jetzt ist für uns strategisch der richtige Moment, österreichische Weine nachhaltig in höheren Preissegmenten über 2 €/Flasche zu positionieren, da unsere kleinbäuerliche Struktur die Produktion von Billigweinen einfach nicht erlaubt.“

Weinexporterlöse erneut auf Rekordniveau

Auch im Weinexport wirkt sich die kleine Erntemenge aus. Laut den Exportzahlen der Statistik Austria I-IX 2010 und Hochrechnungen der ÖWM kam es bei den Fassweinexporten zu starken Einbrüchen (Menge -44%, Wert -34%). Gleichzeitig verzeichnen die hochwertigen Flaschenweinexporte mit einem Mengenplus von 10% und einem Wertzuwachs von 9% eine erfreulich positive Entwicklung. Gesamt erwartet die ÖWM eine Exportmenge von 60 Mio. Liter (-13,7%) zu einem Rekordexportwert von 122 Mio. € (+2,6%).

„Der Exportwertanteil der Flaschenweine am Gesamtexport ist auf 91 Prozent angewachsen, das ist für die heimische Weinwirtschaft eine essentiell wichtige Entwicklung“, freut sich Willi Klinger. „Damit erreichen wir heuer erstmals einen Durchschnittspreis von über 2 €/L, eine Benchmark, die ich mir zu meinem Antritt vor drei Jahren selbst gelegt habe.“ Das strategische Ziel der ÖWM, langfristig billige Fassweinexporte in nachhaltige Flaschenweinexporte mit höherer Wertschöpfung für die Winzer umzuwandeln, scheint somit bereits zum Teil erreicht zu sein. Trotzdem gibt sich Willi Klinger noch nicht zufrieden: „Unsere Flaschenweine weisen seit zehn Jahren einen beständigen Kurs nach oben auf. Und die Durchschnittspreise sind kontinuierlich gestiegen. Unser mittelfristiges Ziel der nächsten drei Jahre muss es sein, die Flaschenweinexporte bei einem Preis von 2,60 €/L auf 50 Mio. Liter zu erhöhen. Der Fassweinbereich könnte zusätzlich 20-30 Mio. Liter zu einem Preis von 0,60 €/L betragen. In Summe ergäbe das theoretisch einen Exportrekordwert von 142 bis 148 Mio. Euro.“

Weiterhin wichtigster Exportmarkt ist Deutschland (I-IX Menge: -7,3%, Wert: +4,4%), gefolgt von der Schweiz inkl. Liechtenstein (I-IX: -1,1%, -1,2%), USA (I-IX: +9,5%, +9,8%), Niederlande (I-IX: +19,3%, +15,5%) und Schweden (I-IX: 6,8%, 4,6%). Von strategischer Bedeutung für Österreichs Weinwirtschaft wie auch für Europa insgesamt sind die Entwicklung und der Aufbau von neuen Märkten außerhalb der Europäischen Union, z.B. Russland, China und Singapur, da in diesen Märkten mit einer hohen Wertschöpfung zu rechnen ist. Die Europäische Union unterstützt die hohen Markteintrittskosten in diese Märkte durch eine seit zwei Jahren laufende Förderung für Exporte in Länder außerhalb der EU.

Geringe Weinernte 2010 wird Exporte dämpfen

Die Weinernte 2010 mit einer von der Statistik Austria geschätzten Erntemenge von ca. 1,76 Mio. Liter (-30% zum langjährigen Durchschnitt) wird die Weinexporte im nächsten Jahr jedoch etwas dämpfen. Davon sind Willi Klinger und Josef Pleil, Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes überzeugt. „Das heurige Weinjahr war von Anfang an schwierig. Neben verbreiteten Frostschäden war es anschließend während der Blüte sehr kalt und regnerisch. In Folge entwickelte sich daraus ein generell schwacher Fruchtansatz“, erklärt Josef Pleil. „Aus den andauernden Regenfällen fast über das ganze Jahr verteilt entwickelte sich auch ein hoher Infektionsdruck, der von den Winzern ganze Arbeit für gesundes, reifes Traubenmaterial verlangte.“ Da aus dem Erntejahr 2009 kaum Lagerbestände vorhanden waren, kommt es besonders bei Weißwein zu Engpässen und zu teils turbulenten Preisentwicklungen. Vor allem in Niederösterreich, im Burgenland und in Wien wird es heuer mit -32%, bzw. -27% und -30% zum fünfjährigen Durchschnitt zu einer der niedrigsten Erntemenge der Geschichte kommen. Die Steiermark verzeichnet „nur“ einen Rückgang von ca. 12%. „Die Schätzungen der Statistik Austria zu dieser Zeit sind meist etwas vorsichtig. Ich gehe davon aus, dass es partiell zu Ausfällen von bis zu -40% kommen wird“, kommentiert Josef Pleil die Situation. Trotz des schwierigen Vegetationsjahres ist die Qualität der österreichischen Weine jedoch sehr erfreulich: Der Jahrgang 2010 zeichnet sich durch besondere Fruchtigkeit und Frische aus.

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