Der Fleischskandal

Nur langsam kommt ans Licht, welche Dimension der
neue Skandal um verdorbenes Fleisch hat. Bereits jetzt sind über 100
Tonnen beschlagnahmt. Diese Zahl macht Angst, denn die Ermittler
sagen: Wir stehen erst am Anfang.

Der Skandal um ekelige, gammelige Fleischstücke, die aus
Profitgier und ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Verbraucher
umetikettiert und wieder verkauft werden, trifft das Ruhrgebiet mit
seinen Millionen Haushalten ins Mark. Wie klein, wie bedeutungslos
muss sich der Verbraucher vorkommen, wenn ihm nun Auskunft darüber
verwehrt wird, ob Ekelfleisch in welcher Form auch immer auf seinen
Teller gelangt sein könnte. Oder liegt es gar noch im Tiefkühlfach?

Dieser beispiellose Vorgang zerstört das Vertrauen in die
Sicherheit von Nahrungsmitteln. Dieser Betrug am Kunden bringt eine
ganze Branche in Verruf. Diese Dimension zeigt aber auch: Wir müssen
uns von dem Gedanken verabschieden, dass die Lebensmittelüberwachung
uns frische, gesunde Nahrung garantiert. Wenn der Anreiz, mit Pfusch
und Panscherei Geld zu machen, größer ist als das Risiko, erschwischt
zu werden, dann stimmt etwas nicht in diesem System. Vier
Fleischskandale in wenigen Wochen: das ist ein Zustand, der nicht
haltbar ist.

Eckhard Uhlenberg (CDU), der neue Minister für Verbraucherschutz
in NRW, ist heute auf den Tag genau ein halbes Jahr im Amt. Er muss
sich fragen lassen, warum es über drei Wochen gedauert hat, ehe die
Kunde vom Gammelfleisch im Gelsenkirchener Kühlhaus an die
Öffentlichkeit drang. Und er muss sich daran messen lassen, wie jetzt
und künftig mit Krisen dieser Art umgegangen wird. Was Bärbel Höhn an
Selbstbewusstsein zuviel hatte, sei bei Eckhard Uhlenberg zu wenig
ausgeprägt, wird in Düsseldorf gefrotzelt. Das aber kann man, wenn
man mag, auch als aufmunternden Klaps verstehen.

Denn in diesem Skandal liegt auch eine Chance. Eckhard Uhlenberg
hat nun die Möglichkeit zu gestalten, Missstände abzustellen.
Natürlich stellten die Grünen zehn Jahre lang in NRW die
Verbraucherschutzministerin. Natürlich sind Missstände, die nun
sichtbar werden, nicht erst mit Uhlenbergs Amtsantritt entstanden.

Nur: Dem Verbraucher ist es egal. Abfall hat nichts in der Nahrung zu
suchen. Nur das zählt.

Kommentar von Jürgen Polzin (WAZ)

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