Gault Millau Bayern – Hans Haas weiterhin bester Koch

Markus Bischoff vom „Bischoff am See“ in Tegernsee und Joachim Räder von „Laudensacks Parkhotel“ in Bad Kissingen sind für die französische Gourmet-Bibel Gault Millau die kulinarischen Aufsteiger des Jahres in Bayern. In die Phalanx der 30 besten Köche des Freistaats kochten sich erstmals Fabian Feldmann vom „Gastronomique“ in Heroldsberg bei Nürnberg, Ralf Marhencke von „Schreiegg’s Post“ in Thannhausen im Schwäbischen Barockwinkel und Steffen Mezger vom „Garden-Restaurant“ in München. Harsche Kritik übt die jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2006 am Münchner „Tantris“ und Nürnberger „Essigbrätlein“.

Bischoff beeindruckte besonders dadurch, dass er „behutsam würzt, wenn ein edles Produkt Dezenz erwarten darf, und sehr herzhaft aromatisiert, sobald es der Geschmacksentfaltung dient. Seine schönsten Gerichte lassen ihn als kommenden Klassiker erscheinen – was als Kompliment gedacht ist, denn für diesen Rang muss man mit Kochkunst brillieren statt durch Modetorheiten auffallen: mit Langostino gefüllte Steinbuttroulade auf Lauch mit Kaviarschaum oder auf Heu im Salzteig gegartes Lamm mit zweierlei Zwiebelmarmelade und Auberginenkompott“.

Räders Gerichte „sind mittlerweile moderner und durchdachter, ohne dabei in irgendeiner Form angestrengt zu wirken. Typisch für den Fortschritt sind gegrillte Jacobsmuscheln mit Petersilienspinat und samtiger Seeigel-Sauce oder gebratener Loup de mer mit fruchtiger Tomaten/Olivenöl-Emulsion“.

Beide bekamen vom Gault Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 17 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und Qualität”. Eine höhere Note verdienen nach dem Geschmack der Franzosen nur 4 Köche in Bayern und weitere 26 Köche im Rest der Republik.

Auf 16 Punkte steigerten sich Feldmann mit „klaren Linien und Minimalismus in Gastraum und Tellerkonzeption“, Marhencke „durch behutsam gesetzte exotische Akzente bei exzellenten regionalen Produkten“ und Mezger „mit seiner Interpretation des Vitello tonnato als Cannelloni: Kalbfleisch spielt die Pasta und Thun die Füllung, oder der pfiffigen Idee einer Senfpolenta zum Lamm“.
Auf Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Bayern blieben mit 19 Punkten Hans Haas vom Münchner „Tantris“ und Heinz Winkler vom „Restaurant Heinz Winkler“ in Aschau (Chiemgau).

Der „Großmeister der europäischen Klassik hat in Aschau die schwierigen Kunst des Weglassens zur Perfektion entwickelt. Er brilliert mit einer Bilderbuch-Taubenbrust in der Brotkruste: Das fabelhafte Fleisch leuchtet blutrot unter der schützenden Teighaut, die Sauce ist zum Hineinknien, die Steinpilze duften nach Wald und Moos, und das Petersilienpüree schmeckt so intensiv, dass man es solo fast nicht essen kann – sobald jedoch die kräftigen Taubenaromen einwirken, wird es plötzlich ganz zahm und verträglich. Beim Lammrücken mit mediterranen Kräutern (und einem Kartoffelgratin, wie man ihn kaum noch kriegt) brennt über dem Teller noch mal die heiße Sonne Südfrankreichs“.

Im „Tantris“ klagen die Kritiker: „Seit über zehn Jahren preisen wir Hans Haas hymnisch, dass er keiner Effekthascherei verfiel, sondern mit einer bis ins feinste Detail durchdachten Schlichtheit brillierte, die den puren Geschmack über artifizielle Aufbereitungen stellte. Was immer er in die Hand nahm, blieb schlicht, aber wurde ergreifend. Nun hat er wohl eine Auszeit genommen, die wir ihm voller Respekt vor seiner langen Erfolgsperiode gönnen. Unsere gesamte Ausbeute des Jahres an inspirierten Gerichten: die Chili/Koriander-Marinade zu Langustinen mit Mango (eine Schärfe, die dem Krustentier wohl das Optimum an Geschmack abgewann), ein Zitrus/Fenchel-Salat zur Rotbarbe (der den in sich ruhenden Fisch erfrischte), Corail-Gnocchi zu Langustinen (die das zarte Fleisch einer kleinen Meeresbrandung aussetzten). Das größte Aha-Erlebnis stand schlicht als ‚Nantaiser Ente mit Gänseleber gefüllt und Blaukraut’ auf der Karte: Es kam eine gut gebratene krosse Ente, die ausgelöst, mit neuem Innenleben versehen und so zusammengefügt worden war, dass sie äußerlich unversehrt war und die ungefähre Form einer Terrine hatte – grandioses Kochkunsthandwerk“.

Das Führungsduo des Freistaats hat 2 Kronprinzen, die ihre 18/20 aus dem Vorjahr locker verteidigten. Martin Fauster vom „Königshof“ in München faszinierte mit „Hummer auf gebratenem Muskatkürbis, über den er fürs Aroma, Aussehen und Mundgefühl geröstete (geschrotete) Kürbiskerne gestreut hatte, dazu gab es köstliches Apfelkompott, das mit Szechuanpfeffer, Curry und Sternanis in eine Hochform gewürzt war“. „Gewürz-Guru“ Ingo Holland vom „Alten Rentamt“ in Klingenberg am Main „stößt auf der Suche nach vergessenen Aromen, andersartigem Salz und seltenem Pfeffer auf die unglaublichsten Exotika und vermag damit neue Geschmackserlebnisse zu vermitteln: ungemein saftiger Kabeljaurücken auf einem kleinen konzentrierten Ragout von feinwürzigem Ochsenschwanz mit schwarzem Trüffel, schwarzen Nüssen und schwarzem Salz von der Hawaii-Insel Molokai oder in schwarzer Butter gebratenes Steinbuttfilet mit krosser Schweineschwarte und Senfjoghurt“.

In München konnten die Nachfolger der nach Hamburg abgewanderten Kochkünstler Fritz Schilling („Käfer-Schänke“) und Ali Güngörmüs („Lenbach“) die hohen Bewertungen nicht halten. Bei „Käfer“ bemängelten die Tester beispielsweise, dass „Gewürze nicht mit feinem Händchen, sondern grob drüber gegeben wurden, und neuerdings Produkte von mattem Geschmack serviert werden“, im „Lenbach moserten sie: „Lauwarmes Saiblingsfilet auf chinesischem Senfkohl sowie Jacobsmuscheln mit Krokantsauce harmonieren jeweils gut, werden aber hier zwangsvereint und damit ein bloß kurioses Gericht.“ Einen Punkt verlor auch das Nürnberger „Essigbrätlein“. Es hat nur noch 17, weil die Tester „hier zweimal selbst böse Abstürze erlebten — bis hinunter, man glaubt es kaum!, zu 10-Punkte-Gerichten. Und mehrere Leser berichteten ähnlich Schlimmes“.

Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 145 Restaurants in Bayern. 129 Küchenchefs zeichneten sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Künstler am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen mussten, was einem Michelin-Stern nahe kommt.

Das schafften auch die erstmals bewerteten Küchen der Restaurants „Le Ciel“ in Berchtesgaden (15 Punkte), „Meer & mehr“ in Coburg, „Moarwirt“ in Hechenberg bei Bad Tölz, „Gabriele“ in Rottach- Egern und „FAG Business Club“ in Schweinfurt (alle 14 Punkte) sowie „Haubenschloss“ in Kempten, „Canal grande“ in München, „Kings & Queens“ in Schweinfurt und „Marend“ in Sonthofen (alle 13 Punkte)

Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe servierte der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in Bayern 22 langweilig gewordene Restaurants ab und nahm 10 inspirierte Küchen neu auf, 21 wurden höher, 18 niedriger bewertet. 5 Küchenchefs verloren die begehrte Kochmütze.

Außerdem testete der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (892 Seiten, 30 €) wieder Kreuzfahrtschiffe, die für ihre gute Küche werben: die deutsche Luxusyacht „MS Europa“, die alle Küchenstile der Welt bietende „MS Westerdam“ der Holland-America-Linie und die vom Hollywood-Starkoch Wolfgang Puck beehrte japanische „MS Crystal Symphony“. Ferner beschreibt und klassifiziert er 420 Hotels.

Die 30 besten Restaurants des Gault Millau in Bayern

1. Restaurant Heinz Winkler in Aschau (Chiemgau),
Tantris in München (beide19 Punkte),
3. Zum alten Rentamt in Klingenberg/Main,
Königshof in München (beide 18 Punkte),
5. Alpenstube in Bayrischzell,
Laudensacks Parkhotel* in Bad Kissingen,
Villino in Lindau,
Acquarello und Schuhbeck in München,
Essigbrätlein in Nürnberg,
Dichterstub’n in Rottach-Egern,
Bischoff am See* in Tegernsee
Bründlhof in Wartenberg bei Landshut,
Kastell in Wernberg-Köblitz bei Weiden,
Herrmann’s Restaurant in Wirsberg (alle 17 Punkte),
16. Herrmannsdorfer Schweinsbräu in Glonn bei München,
Gastronomique* in Heroldsberg bei Nürnberg,
Christians Restaurant in Kirchdorf bei Wasserburg,
Hoyerberg Schlössle und Schachener Hof in Lindau,
Ederer, Garden-Restaurant* und Hippocampus in München,
Reiterzimmer* in Murnau,
Pflaumen-Garten in Pegnitz,
Mühlberger in Prien,
Landhaus Henze in Probstried,
Gut Apfelkam in Rohrdorf (Chiemgau),
Philipp in Sommerhausen bei Würzburg,
Schreiegg’s Post* in Thannhausen bei Augsburg (alle 16 Punkte)

* Aufsteiger

www.gault-millau.de

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