Fett durch Darmbakterium Clostridium ramosum

Das Darmbakterium Clostridium ramosum fördert die Entstehung von
Übergewicht

Das natürlicherweise im menschlichen Darm
beheimatete Bakterium Clostridium ramosum fördert die Entstehung von
Übergewicht – zumindest bei Mäusen. Dies ist das Ergebnis einer neuen
Studie, die das Wissenschaftlerteam um Michael Blaut und Anni Woting vom
Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) nun in mBio®, dem
online open-access journal der American Society for Microbiology,
veröffentlichte*. Die Untersuchung legt den Schluss nahe, dass diese
Mikrobenart unter einer fettreichen Ernährung dazu beiträgt, die Zucker
und Fettaufnahme aus dem Dünndarm zu verstärken. Die hiermit verbundene
höhere Aufnahme von energieliefernden Nährstoffen lässt die Fettpolster
schneller wachsen.

Verschiedene Untersuchungen der letzten Jahre weisen darauf hin, dass
der Bakterienstamm der Firmicuten, zu denen auch C. ramosum gehört, das
menschliche Körpergewicht beeinflusst und Übergewicht fördern kann.
Zudem lassen Studien am Menschen annehmen, dass ein Zusammenhang
zwischen dieser Mikrobenart und dem Auftreten des metabolischen Syndroms
besteht, das durch Übergewicht, hohen Blutdruck, eine
Insulinunempfindlichkeit der Körperzellen und einen gestörten
Fettstoffwechsel charakterisiert ist. Welche Mechanismen diesen
Beobachtungen zu Grunde liegen, ist dabei noch weitgehend unbekannt.

„Um mehr über diese Mechanismen zu erfahren, untersuchten wir Mäuse,
die nicht mit mausspezifischen Darmbakterien, sondern gezielt mit
Bakterienarten des menschlichen Darms besiedelt waren“, sagt
Studienleiter Michael Blaut. „Unser Ziel war es, mit unserer Studie dazu
beizutragen, neue wissenschaftliche Grundlagen für Strategien zu
entwickeln, die Übergewicht beim Menschen und den damit verbundenen
Erkrankungen vorbeugen“, ergänzt Anni Woting, Erstautorin der Studie.

Die Mikrobiologen untersuchten drei Mausgruppen. Zu Beginn der Studie
besiedelten die Forscher keimfreie Tiere gezielt mit bestimmten
Bakterienarten, die sich natürlicherweise im menschlichen Darm finden.
Die erste Gruppe beimpften sie mit einer vereinfachten, für den Menschen
typischen intestinalen Mikrobiota** aus sieben Bakterienarten***
exklusive C. ramosum. Die zweite Gruppe besiedelten sie ausschließlich
mit C. ramosum. Der dritten Gruppe übertrugen die Wissenschaftler den
Mix aus den sieben Mikrobenarten und zusätzlich C. ramosum.

Danach mussten die Mäusegruppen vier Wochen lang eine fettreiche Diät
einhalten. Während dieser Zeit stellten die Wissenschaftler keine
Unterschiede zwischen den drei Gruppen hinsichtlich der Futteraufnahme
und der Verdauung des Futters fest. Ebenso wenig fanden sie Anzeichen
für Entzündungsprozesse im Körper der Tiere. Allerdings beobachteten
sie, dass die beiden Mausgruppen, die mit C. ramosum besiedelt waren,
deutlich mehr an Körpergewicht und Körperfett zulegten, als die Mäuse
ohne diese Bakterienart. Weiterführende Analysen zeigten zudem, dass die
beiden mit C. ramosum beimpften Mausgruppen in ihren Dünndarmzellen
verstärkt Transportproteine produzierten, die für die Aufnahme von
Trauben- und Fruchtzucker bzw. die Aufnahme von Fettsäuren eine Rolle
spielen. Weitere, bereits in anderen Studien beschriebene Mechanismen,
die Übergewicht begünstigen, beobachteten die Forscher in ihrem
Modellsystem jedoch nicht. Zu solchen Mechanismen zählt zum Beispiel
eine erhöhte bakterielle Produktion kurzkettiger Fettsäuren, die den
Mäusen zusätzlich als Energiequelle dienen könnten.

„Wir gehen daher davon aus, dass es mehr als nur einen Mechanismus
gibt, über den Darmbakterien zur Entstehung von Übergewicht beitragen
können“, folgert Blaut. Erstaunlich sei auch, dass bereits eine
einzige Bakterienart einen so starken Effekt zeige, so der Mikrobiologe
weiter. Auch zukünftig wollen die DIfE-Forscher die Zusammenhänge
zwischen Ernährung, Mikrobiota und Übergewicht weiter beforschen, denn
es seien noch viele Fragen offen. So stellt sich zum Beispiel die Frage,
warum die beobachteten Effekte nur unter einer fettreichen Ernährung zu
beobachten waren und nicht unter einer fettarmen, wie
Kontrolluntersuchungen der Wissenschaftler ergaben.

* Quelle: Anni Woting, Nora Pfeiffer, Gunnar Loh, Susanne Klaus,
Michael Blaut: Clostridium ramosum promotes high-fat diet-induced
obesity in gnotobiotic mouse models. mBio® 2014, das online open-access
journal der American Society for Microbiology;  http://mbio.asm.org/
DOI:10.1128/mBio.01530-14

Hintergrundinformation:

** intestinale Mikrobiota: Gemeinschaft von Darmbakterien, früher auch
als Darmflora bezeichnet

*** Mix aus sieben Bakterienarten, der einer vereinfachten Mikrobiota
des menschlichen Darms entspricht: Anaerostipes caccae DSM 14662,
Bacteroides thetaiotaomicron DSM 2079, Bifidobacterium longum NCC 2705,
Blautia producta DSM 2950, Clostridium butyricum DSM 10702, Escherichia
coli K-12 MG1655 und Lactobacillus plantarum DSM 20174

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